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Back All (8)

"Eh, sorry, aber ich würd ja echt noch gern mit dir rumhängen, aber ich muss gehen", meinte Annita und blieb mit Linda vor der gläsernen Tür zur Biblo stehen. Diese sah sie nicht an, sondern nickte nur stumm.
"Okay."
Dann verschwand sie nach drinnen. Es kümmerte sie nicht, was Annita für eine Entschuldigung hatte, dass sie plötzlich woanders hin musste. Insgehehim konnte Linda es ihr nicht verübeln. Es würde ihrem Image sicher schaden, wenn man sie zusammen sah. Das war immer so mit den beliebten Schülern. Das hatte sie auch in einigen der Bücher gelesen.
Sie seufzte und kramte ein Buch aus einem Regal und fläzte sich in einen der roten Schwingsessel, die an der halbrunden Glaswand aufgereiht waren.
Die Mittagspause dauerte eine halbe Ewigkeit und Linda seufzte, als sie sich auf den Weg zu Geschichte machte. Sie setzte sich an ihren Stammplatz und blätterte gelangweilt in dem Geschichtsbuch. Plötzlich knallte die Tür hinter ihr zu und sie drehte sich erstaunt um. Ihr Englischlehrer stand da und lächelte auf die Schülerschar herab. Dann fiel sein Blick auf Linda, die sich rasch wieder nach vorn drehte. Sie hörte seine Schritte und starrte auf ihren Tisch, während er seine Tasche vorne auf dem Pult abstellte.
Und dann hielt er wieder seine kleine Rede wie in Englisch. Linda wusste nicht, was sie davon halten sollte. Sicher war es nur ein Zufall, dass sie ihn in Englisch und Geschichte hatte. Was sollte es denn sonst sein?
Sie seufzte und stützte den Kopf auf der Hand ab.
In dieser Stunde ließ er sie wenigstens in Ruhe.
Und auch in der nächsten - Mathe, urgh - verlief alles ruhig. Und langweilig. Das Seminar, das danach folgte, laugte sie vollkommen aus und als sie den kleinen stickigen Raum verließ, drohten ihr beinahe die Augen zuzufallen.
"Scheiß G8", maulte sie und schulterte ihre Tasche. Sie war es noch nicht gewohnt, so lange Schule zu haben. Und dann auch noch Englisch am Nachmittag. Sie seufzte laut und ging gerade die Treppe hinunter, als sie hinter sich Schuhgeklacker auf dem Marmorboden hörte.
"Hey, Linda!"
Auf dem Gang rannte Annita - wie konnte man in solchen Schuhen bloß rennen, ohne umzukippen?? - ihr entgegen und wedelte dabei mit einem Arm.
"Oh. Hi, Annita", entgegnete Linda und wartete, bis das Mädchen völlig außer Atem neben ihr auf der Treppe zum Stehen kam.
"Ist ja super, dass wir zusammen im Seminar sind", sprudelte es aus dem Mädchen hervor.
Erstaunt hob Linda den Blick. "Sind wir? Oh, das hab ich gar nicht mitbekommen. Ich war so müde und da hab ich das wahrscheinlich ... irgendwie ... übersehen."
Beschämt senkte sie den Blick und ging die Treppe hinunter.
"Ist doch kein Problem. Du siehst wirklich nicht gerade rosig aus. Weißt du, ein wenig Rouge würdest du viel lebendiger aussehen. Und vielleicht noch ..."
" ... Maskara und Wimperntusche? Sorry, aber das kann ich mir nicht leisten."
Linda wäre beinahe der Mund aufgeklappt. Wieso hab ich das grad gesagt? Im Stillen verfluchte sie sich dafür.
"Ja. Genau", meinte Annita lahm und musterte Linda von der Seite. "Kannst du etwa GEdanken lesen? Das hab ich mir heute Vormittag nämlich gedacht."
Lindas Kopf zuckte hoch und sie starrte dem Mädchen direkt in die Augen. Sie zog die Brauen zusammen und presste die Kiefer aufeinander. Lass nichts deine GEdanken stören, Linda. Es sind deine GEdanken. Sie gehören dir. Und niemandem sonst ...
Und es klappte!
Überrascht blinzelte Linda und erkannte, dass Annita eine SOnnebrille aufgesetzt hatte. Die Sonne blendete sie beide.
"Ach, ich mag Herbst eigentlich gar nicht. Ich finde Sommer viel schöner, du nicht auch?"
"Eh ... ja. Schon."
"Super! Und wieder haben wir etwas gemeinsam!" Sie lachte und zog Linda mit sich, doch die riss sich plötzlich grob aus dem Griff des anderen Mädchens.
"Was willst du eigentlich von mir?", platzte es aus ihr heraus.
"Was meinst du?" Annita hörte sich ehrlich verwirrt an.
"Das alles hier!" Linda machte eine ausschweifende Handbewegung. "Seit wann interessiert sich irgendjemand für mich? Ich war doch immer nur der Fußabtreter für euch. Lasst mich einfach in Ruhe!"
"Gibt es ein Problem?"
Beide wirbelten herum und starrten einem jungen Mann mit strubbeligem kurzen Haar ins Gesicht. Ihr Englischlehrer.
"Ach, Herr Schuster." Annita ging auf ihn zu und lächelte ihn an. "Wir haben nur ein Gespräch unter Mädchen geführt, wissen Sie."
"Ach, wenn das so ist." Er wandte den Blick Linda zu, doch die starrte nur zu Boden. "Linda? Geht's dir gut? Du siehst so..."
"Nein, verdammt, es geht mir überhaupt nicht gut!", schrie sie plötzlich und blitzte ihn wütend an. Es war ihr egal, ob er sie für verrückt hielt, für einen Freak oder was auch immer er wollte.
Sie spürte Überraschung in sich aufkeimen.
"Warum ist sie plötzlich so wütend? Haben die beiden sich doch irgendwie gestritten? Sie sieht nicht gesund aus. Ist sie krank?"
"Ja!", stieß Linda aus und ballte die Hände zu Fäusten. Sie schaute ihm direkt in die Augen. "Ich bin krank! Und jetzt lasst mich bitte einfach nur noch in Ruhe!"
Damit wirbelte sie auf der Stelle herum und rannte mit Tränen in den Augen die Straße hinunter. Einige Schüler starrte ihr hinterher und tuschelten dann über sie.
Aber Linda kümmerte es nicht mehr. Sie wollte nur noch heim. In ihr warmes, weiches Bett und nichts mehr von der Welt außerhalb ihres Zimmers wissen.

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