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ID ll488h

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Madame Rogeille starrt mich an. „Was soll das heißen, du hast es vergessen?“ Ich lächle sie vorsichtig an. Eigentlich dachte ich, dass sie mittlerweile genug Deutsch spricht, um mich zu verstehen. „Das heißt, Madame, dass mein Heft leider noch auf meinem Schreibtisch zuhause liegt. Ich habe es heute Morgen nicht wieder eingesteckt, nachdem ich mit Marcia gestern Abend noch einmal die Grammatikübung durchgegangen bin.“ Ich beobachte, wie die Lehrerin rot anläuft. „Du weißt ganz genau, dass es nicht das ist, was ich habe gemeint!“ Marcia hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass Madame Rogeille immer mehr Fehler macht, wenn sie wütend ist. Sie liebt es, dann die Zeitformen zu vertauschen. Ich achte nicht darauf. Es gibt Schüler, die schlechter deutsch sprechen als die Französin. Ich werfe ihr also einen unsicheren Blick zu. Was auch immer sie meint, ich verstehe sie nicht. Aber ich habe schon oft festgestellt, dass mir das mit anderen Menschen so geht, selbst mit Marcia. Und eigentlich ist es auch kein Wunder. Ich verstehe mich schließlich nicht einmal selbst. „Wiewäresmiteinentschuldigung?“ Jetzt fällt sogar mir auf, wie verändert meine Französischlehrerin plötzlich spricht. Sie zieht die Worte zusammen. Ich sollte wirklich schnell etwas unternehmen, um sie zu beruhigen… Zumindest würde Marcia das jetzt sagen. Ich selbst würde einfach stehen bleiben und schweigen, so wie ich es immer tue. „Tut mir Leid“, sage ich und schaue zu Boden. Überallhin, ja, nur nicht auf ihren hochroten Kopf. Marcia sagt, ich starre die Leute an, und das ist unangenehm für sie. Deshalb habe ich mir angewöhnt, einen Punkt knapp über der Stirn des anderen anzuvisieren. Es hilft. Behauptet zumindest Marcia. Ich höre Madame Rogeille seufzen und blicke auf, hin zu der überdimensionalen Schleife, die an ihrem Haarreifen festgemacht ist. „Dann setz dich neben Marcia. Nur für heute aber, ist das klar?“ Ich nicke stumm und bleibe stehen. Sie starrt mich weiterhin wortlos an. „Was ist? Du bist entlassen.“ Ich dachte eigentlich immer, dass sie mich mag, aber jetzt ist sie bösartig. Oder ist das nur Sarkasmus? Ich kann beides nicht auseinanderhalten. Auf jeden Fall zucke ich zusammen und verlasse hastig das Zimmer. Aus den Augenwinkeln sehe ich Madame Rogeille die Stirn runzeln und den Kopf schütteln. Wir Menschen sind seltsam.

ID ll488h, katha94katha94, Activity: 0%, Views: 1141, Chars: 2330, 171 months ago

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