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Das Wasser prallt von meinem Bauch ab, jeder Tropfen zersplittert in zehn oder zwölf kleinere, die wie Scherben glitzern. Das Neonlicht brennt stumpfe Narben hinter meinen geschlossenen Lidern. Irgendwann wird das so unangenehm, dass ich das Wasser abstelle, den Kopf senke und die Augen öffne, um die Flecken zu vertreiben. Seltsamerweise habe ich Angst davor, dass sie – wenn ich das auch nur einmal nicht tue – nie wieder verschwinden.
Was ich sehe, als mein Blick endlich wieder scharf ist, erscheint mir nur fremd. Dieser Körper, der flache Bauch, die sanft gewölbten Brüste, die eleganten Beine – das alles kann nicht zu mir gehören. Es kann kein Teil von mir sein, denn ich bin nicht perfekt – nicht einmal annähernd. So ein Körper würde eher zu Marcia passen, Marcia mit ihren Heldengeschichten, ihrer Romantik, ihrem Glück. Wie soll ich da mithalten?
Ich lege meine Fäuste vor meine Augen und drücke zu. Ich lasse sie dabei offen. Das seltsame Gefühl, wie meine Fäuste und Wimpern sich gegenseitig abstoßen wollen, aber gleichzeitig auch wie zwei Kletten aneinanderhängen, liebe ich. Es erinnert mich an die Art, wie Daniel mir manchmal einen dieser seltsamen Blicke zuwirft, bei denen ich eine Gänsehaut bekomme. Ich weiß nicht, was ich von diesen Blicken halten soll. Ich weiß ja nicht einmal, wer ich bin! Ein Mensch, so weit bin ich schon gekommen. Ein Mädchen, vielleicht auch eine Frau. Das kommt darauf an, wann man eine Frau wird. Wenn es mit der Liebe zusammenhängt, bin ich noch ein kleines, unerfahrenes Mädchen. Wenn es aber nach dem Denken, der Reife, der Erfahrung geht, bin ich schon vor Jahren zur Frau geworden.
Ich glaube, ich sollte mich mit dem Duschen beeilen, damit Mama sich nicht wieder beschwert. Ich drehe also wieder am Hahn.
Das Wasser, das jetzt an meinem Blick vorbei auf den Boden springt, hat eine seltsame Regelmäßigkeit. Ein Tropfen trifft immer genau dort auf, wo schon der vorherige gelandet ist. Ich weiß nicht, warum, aber das Bedürfnis, dieses gleichmäßige Gefüge zu durchbrechen, wird übermächtig. Mit aller Kraft schlage ich gegen den Duschkopf. Für einige Sekunden ist der Fluss unterbrochen. Besser als nichts.

ID 4x26lc, katha94katha94, Activity: 0%, Views: 1097, Chars: 2162, 171 months ago

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