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Der Abfall lag endlich in der Mülltonne auf dem Hof. Mark trank erleichtert von der Milch, die ihm seine Oma soeben auf den Küchentisch gestellt hatte.
Nun saß sie ihm mit gerunzelter Stirn gegenüber und betrachtete liebevoll sein kleines Gesicht.
"Tja", seufzte sie, "jetzt kann ich es nicht mehr verhindern."
Mark verschluckte sich beinahe vor lauter Aufregung.
"Was denn? Was denn?" rief er und sprang vom Stuhl. "Omi, nun sag schon, was kannst du nicht verhindern?"
"Setz dich wieder hin!" Mark gehorchte ganz schnell, zappelte aber weiter herum wie ein roter Wackelpudding, denn sein Gesichtchen war ganz rot vor Aufregung.
"Dass du in die Lehre gehst", redete die Oma weiter "kommt für meinen Geschmack viel zu früh. Aber wem der Rat die kleine Inken schickt, der muss gehorchen. Das war von Anbeginn so und wird immer so bleiben."
Mark war sprachlos. So geheimnisvoll hatte seine Oma noch nie getan. Wovon redete sie nur?
"Omi, was meinst du damit? Was ist der Rat? Ist das etwas Schlimmes?"
"Der Rat ist nicht was, sondern wer", antwortete die Oma ernst.
"Hä? Ich verstehe kein Wort", nörgelte Mark. Er hatte nämlich plötzlich den Verdacht, dass ihn seine Oma veralbern wollte.
Die Oma schmunzelte, da sie seine Gedanken erriet. Um den Jungen nicht ganz durcheinander zu bringen, erklärte sie: "An einem Ort, den nur wenige Menschen kennen, gibt es einen mächtig dicken Baum, der innen hohl ist. In dieser Baumhöhle, so groß wie eure Turnhalle, treffen sich einmal im Jahr alle Oberhexen und Hauptzauberer der
Welt, um zu beraten. Diese Versammlung ist der Rat."
"Oma", sagte Mark total ernst und stemmte seine dünnen Arme auf den Tisch, "ich glaube dir kein Wort. So große Bäume gibt es nicht. Nirgendwo auf der ganzen Welt nicht." Das so respektlos zu sagen, war natürlich heikel. Schließlich behauptete er damit, dass seine Oma lügen würde.
Die nahm es gelassen, erinnerte sie sich doch noch vage daran, wie sie ihrer Mutter viele viele Jahre zuvor etwas Ähnliches gesagt hatte.
"Doch, den gibt es", sagte sie und Trauer überkam sie, als sie an den Anlass ihres einzigen Baumbesuches zurück dachte.
Es wird nicht mehr lange dauern, dachte sie weiter, dann werde ich ihm von seiner Mutter erzählen und damit einen Stachel des Schmerzes setzen, an dem er lange beißen wird. Heute noch nicht, beschloss sie, die allgemeine Stimmung zu heben: "Aber, dass es Hexen und Zauberer gibt, zweifelst du nicht an?"
"Omi, dass es Hexen und Zauberer gibt, weiß doch jeder. Aber deinen Baum kann es nicht geben. Die größten Bäume auf der ganzen Welt sind Mammutbäume. Die sind wirklich riesig hoch. Aber in den Bäumen ist nie und nimmer so viel Platz, wie in unserer Turnhalle." Nur kurz sah er seiner Oma ins Gesicht, dann kam ihm eine Idee: "Wie viele Oberhexen und Hauptzauberer gibt es auf der Welt?" fragte er.
Die Oma lachte: "Viele. Aber davon erzähle ich dir ein anderes Mal."
Sofort nahm ihr Gesicht wieder einen ernsten Ausdruck an. "Nur soviel schon einmal: Bis zum Ferienbeginn nächste Woche darfst du niemanden von diesen Dingen erzählen; auch nicht deinen Freunden. Versprichst du mir das?"
Mark nickte und hielt den Mund, obwohl er mindestens hunderttausend Fragen hatte.

Nicht lange, dann schickte Marks Oma ihn ins Bett.
Noch lange saß sie in dieser Nacht in der einsamen Küche und überdachte die vielen Maßnahmen, die es nun zu ergreifen galt.
Mark konnte ebenfalls nicht schlafen. Er wusste zwar nicht, was eine Lehre war - er hatte vergessen zu fragen - aber er ahnte, dass es etwas war, was mit Zauberei zu tun hatte. Und außerdem hatte er ein ganz fürchterliches Problem: Wie sollte er seinem besten Freund Robin von diesem Tag erzählen, ohne das er die vielen Geheimnisse rund um Sechs-Finger-Inken, Riesenbaum, Hexen und Zauberer verriet?

ID 6pqk0z, H.P.BarkamH.P.BarkamRank 3, Activity: 0%, Views: 1075, Chars: 3772, 168 months ago

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