„Das hat sie einfach nicht interessiert, diese selbstsüchtigen Idioten.“ Seine Faust krachte auf den Tisch, von den Büchern zwischen ihnen rieselte der Staub. „Ihnen war egal was passieren wird! ‚Nach uns die Sintflut’ war ihr aller Moto – und die haben wir jetzt“, donnerte es durch den hohen Kuppelsaal der Bibliothek. Alle Gesichter starrten in ihre Richtung.
„Professor, bitte, beruhigen Sie sich wieder. So hatte ich es nicht gemeint.“
„Genau so hat es sich aber angehört, Julius“, und schon war sein Kopf wieder hinter dem Stapel Bücher abgetaucht.
„Aber – Professor…“
„Wären sie nur ein kleines Bisschen auf die Interessen ihrer Nachwelt und nicht nur auf ihren eigenen Profit bedacht gewesen“, tönte es hinter dem Bücherstapel hervor, „hätten sie schon früher angefangen nach Alternativen zu suchen. Uns könnte bereits jetzt eine umfassende Lösung zur Verfügung stehen – Egoistenpack!“
„Meine Herren, ich muss Sie um Ruhe bitten, sonst werde ich Sie des Lesesaals verweisen.“ Eine Mitarbeiterin der Bibliothek machte auf der Hacke kehrt und streifte zu ihrem Platz zurück.
„Ist schon in Ordnung, Julius“, linste der Professor über den Stapel „Ich weiß, dass Sie sie nicht in Schutz nehmen wollten. Suchen Sie lieber weiter. Wenn wir es nicht bald finden, wüsste ich nicht was die bevorstehende Katastrophe noch aufhalten könnte.“
In den letzten Monaten war es weltweit vermehrt zu Protesten und vereinzelt sogar zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen gekommen, als bekannt wurde, dass das Erdöl zur Neige geht. Sofort hatten Staaten und große Industriekonzerne damit begonnen den wertvollen Rohstoff zu horten. Deutlich schlimmer wurde die Situation noch als die erdölfördernden Staaten beschlossen hatten kein Öl mehr zu exportieren.
Professor Bell hatte sich mit seinem Doktoranden Julius auf die Suche nach einem alten Entwurf von Rober Hooke für eine Apparatur gemacht, die das Energieproblem der Erde lösen könnte.
„Hier ist nichts zu finden“, donnerte Professor Bell schon wieder so laut los, dass zahlreiche Augenpaare sie durchbohrten. „Ich weiß im Moment nicht mehr, wo wir noch suchen sollten. Die Universitätsbibliotheken, nichts, hier, nichts und selbst die Bibliothek der Royal Society, nirgends war ein Hinweis zu finden. Es ist zum Verzweifeln.“ Erschöpft ließ er sich nach hinten auf den Stuhl sinken.
„Wir werden schon noch fündig, Herr Professor. Bestimmt haben wir den entscheidenden Hinweis übersehen“, versuchte Julius seinen Mentor wieder aufzumuntern. „Am besten gehen wir alles noch einmal durch.“ Frustriert winkte der Professor ab, ohne einen weiteren Laut von sich zu geben.
„Entschuldigen Sie bitte, meine Herren. Wenn ich sie richtig verstanden habe, und das ist bei ihrer Lautstärke nicht schwer, sind sie auf der Suche nach alten Aufzeichnungen von Robert Hooke?“ Die Bibliothekarin war wieder zu ihnen gekommen. Julius dachte im ersten Moment schon, sie würde ihnen nun den Platzverweis erteilen. „Mein Name ist Emily Palmer. Ich glaube, ich könnte Ihnen behilflich sein, wenn sie mir versprechen hier keinen Radau mehr zu machen.“, auf ihren Lippen zeichnete sich der Hauch eines verschmitztes Grinsens ab.
„Ja, und wie könnten Sie uns behilflich sein?“, fragte Professor Bell in überzogenem Flüsterton.
„Ich bin gut vertraut mit dem Bestand der Bibliothek der Royal Society London. Wie Sie bestimmt selbst wissen, war Robert Hooke dort viele Jahre sehr aktiv und bekleidete verschiedene Ämter. Während Nachforschungen für meine Dissertation habe ich den Buchbestand der erwürdigen Anstallt quasi umgegraben.“ Sie nahm ihre Hornbrille von der Nase und fuhr fort: „Ich bin dort auf einige Dokumente aus Hookes Feder gestoßen, die ich nicht zuordnen konnte, da sie nur Fragmente zu enthalten schienen.“
Julius fiel auf, dass Professor Bell inzwischen sehr interessiert zuhörte. Er war sich nicht sicher, ob sein Interesse thematischen Ursprungs war oder die Bibliothekarin ihn mit ihrem hübschen Gesicht verzauberte, das sie hinter der Hornbrille versteckt hatte.
„Ich finde, das klingt vielversprechend, Professor“, sagte Julius. „Was meinen Sie dazu, sollten wir der Royal Society London einen Besuch abstatten?“
Professor Bell nickte langsam. „Ja, ich glaube wir werden dort mit unserer Suche fortfahren. Vielen Dank für Ihren Hinweis, Missis Palmer“, er deutete einen leichten Diener in ihre Richtung an.
Als sich Bell sich schnellen Schrittes auf den Weg aus dem Lesesaal machte und Julius ihm nach eilte, folgte ihnen Missis Palmer unmissverständlich in Richtung Ausgang.
„Darf ich fragen, was Sie beabsichtigen, Missis Palmer?“, fragte Professor Bell, der unvermittelt wieder stehen geblieben war und sich zur Bibliothekarin umgedreht hatte.
„Nennen Sie mich Emily“, strahlte sie ihn entwaffnend an. „Es ist doch so, wenn Sie bei den hohen Herren der Royal Society ankommen, wird man ihnen bestimmt nicht ohne Weiteres Einlass gewähren, um im wertvollen Bestand ihrer Folianten zu stöbern. Außerdem wissen Sie gar nicht, wo sie dort anfangen sollten zu suchen. Wenn Sie aber eine Ehrenmitglied des Vereins bei sich haben, wird das vieles vereinfachen.“ Entschlossen stand sie vor Professor Bell, immer noch mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen.
„Sie wollen also mit uns kommen, Missis Palmer, Emily?“, nachdenklich legte er seine Stirn für ein paar Sekunden in Falten. „Tja, warum nicht. Wenn Sie uns denn unbedingt behilflich sein wollen. Ich heiße Marcus.“ Auf dem Absatz machte er kehrt und strebte in zügigem Schritt weiter auf den Ausgang zu. Emily und Julius folgten ihm.
John Malus kratzte sich nachdenklich über der linken Augenbraue, eine unbewusste Geste, welche er von seinem Vater übernommen hatte. Mit einem zufriedenen Ausdruck auf den, wie aus Alabaster gemeißelten Zügen blickte er aufmerksam, wie ein jagender Geier über die Dächer Londons. Von den Unruhen der vorigen Nacht zeugten nur mehr vereinzelte schwarze Rauchschwaden, welche gleich stummen Todesfeen durch die gezeichneten Straßen der Metropole wanderten.
Durch die breite Glasfront seiner Suite konnte er vereinzelte Scharen von berittenen Bobbies in Begleitung von gehetzt blickenden Soldaten der Royal Infanterie erkennen, welche dafür sorgten, dass sich die brandschatzenden Marodeure nicht auch noch am Tage an der blutenden Stadt vergriffen.
Harte Zeiten für wahr. Aber nicht für jeden. Aus der glossende Asche dieses Chaos würde ein flammender Phönix erstehen. Leuchtender als die Aurora Borealis und feuriger als der Nordstern. Er benötigte nur genug Brennstoff. Brennstoff wie es das Schwarze Gold war.
Malus wand sich zu dem jungen Mann herum welcher still wie eine alte Skulptur hinter ihm gestanden, hatte.
>> Her Mikael , was wissen sie über Robert Hooke?<< sprach er ihn an.
Regungslos, blickte Mikael, Malus an und antwortete mit einem ignoranten Schulter zucken. ``Sehr gut, köstlich.´´ dachte Malus bei sich. `` wie leicht der ungebildete Pöbel doch zu instrumentalisieren war``. >> Auch egal, wir sind uns über das Ziel ihres Auftrages im Klaren?<<
MIkael nickte mit einem finstern Blick, rieb sich über das unrasierte Kinn und strich sich durch die fettigen Haare.
>> Alles klar, sie wollen das ich einen aufgehetzten Mob heute Abend dazu bringe, dass er das Gebäude der Royal Society in Schutt und Asche verwandelt.<< zischte er bissig, wie ein tollwütiger Kampfhund hervor. `` Für einen ehemaligen Mossad-Agenten fast schon eine Lapallie aber solange die Kohle stimmte.
John Malus nickte und widmete sich wieder dem Studium von Londons Skyline.
Nach einer rasanten U-Bahnfahrt durch London kamen die drei bei der Royal Societey an. Sofort machten sie sich auf den Weg ins Gebäude, das schon von einer unruhigen Menge belagert wurde. Am Empfang machte es sich auch schon bezahlt, dass Emily zu ihrer Truppe gehörte. Ohne weitere Verzögerung gelanen sie in das Allerheiligste der ehrwürdigen Gesellschaft.
"Und nach was suchen wir jetzt?", wollte Julius wissen.
"Das wird uns bestimmt gleich Emily sagen", wandte sich Professor Bell an sie.
Mit ruhiger Hand griff Mikael nach der erwartungsvollen Flasche welche, er in den Untiefen seines braunen Ledermantels versteckt hatte. Ein Drittel Heizöl Zwei Drittel Benzin. Die Explosion sollte kurz und knackig wie der Schuss aus einer Pistole sein. Das wahre Chaos überließ er der verschlingenden Macht ds Feuers welches sich bald durch die alten Gemäuer der Royal Society fressen würde. Mit ein freundschaftlichen Knistern umarmte die kindliche Flamme, des Feuerzeuges den benzingetränken Stofffetzten im Hals des Molotow-Cocktails und wuchs sogleich zu einem jugendlichen Flackern heran.
Mikael spannte seinen austrainierten Körper , visierte das Gebäude, welches von einer Sperrkette aus verzweifelt ringenden Bobbys mit Schlagstöcken und Sturmschilden abgezäunt wurde, an. Wie ein Schwarm sterbender Vögel, dunkel und hart schlugen unzählige Pflastersteine in die Reihen der Staatsgewalt ein. WIe Marionetten denen die Fäden durchgeschnitten wurden, sackten einige der Staatsdiener zu Boden. Ein Sturmtrupp aus berittenen Polizisten raste mit mörderischem Tempo in den aufgebrachten Mob und fällte unzählige Menschen mit gezielten Schlägen ihrer Hartgummi-Tonfas. Im innersten Mikaels erstrahlte ein Gefühl heller Freude. Dies waren die prickelnden Momente welche seine Arbeit interressant machten. Mit diesem Gedanken holte er weit aus, und ließ den Molli in einem hohen Bogen, dass jeder Olympiabewerber vor Neid erblassen würde, fliegen.
Gerade als er dem feurigen Schweif hinterherblickte , sah er aus dem Augenwinkel wie drei unscheinbare Gestalten, geduckt durch die Polizeikette in das Gebäude hasteten. ``DIe heiligen drei Könige hinter dem Feuerschweif`` .
Grinste er in sich hinein und widmete sich wieder dem Schreichor der Demonstranten. >> Ihr haltet euch warm mit Öl, wir wollen es auch, verbrennt die Reichen!<< Eine dumpf, klirrende Explosion entfachte ein gefressiges Feuernest auf den ehrwürdigen Mauern, gerade als beißende Gummigeschosse in die Menge fuhren. Das Chaos brach vollends aus.
"Oh mein Gott, was war das?", erschrocken drehte sich Emily um und blickte in Richtung Eingang, durch den sie gerade gekommen waren. Es hatte einen lauten Knall gegeben und nun drückte ein brausendes Flammenmeer durch die Eingangstüren. "Wir müssen hier raus!", rief sie.
"Wir müssen zuerst diese Unterlagen finden, sonst sind sie unwiederbringlich verloren", sagte der Professor bestimmt. "Vorwärts, wo geht es zu den Folianten? Danach müssen wir sowieso einen anderen Ausgang suchen." Er ging auf Emily zu und hakte sie unter. Julius stand bereits vor dem Gebäudeplan, der im Foyer hing. Die Angestellten konnten ihm keine Auskunft mehr geben, da sie versuchten das Feuer an der Eingangstüre zu bekämpfen.
"Da lang", Emily deutete in Richtung eines Treppenabganges an der Rückwärtigen Seite der Eingangshalle, "dort müssen wir runter."
Im schimmernden Licht des Flat-Screen TV´s funkelten die Schweißperlen auf der muskulösen Brust von John Malus, als wollten sie dem Sternenhimmel in all seiner Pracht zum Konkurrenten werden. Mit einem schneidenden Geräusch stellte er die fein gearbeitet Daikatana zur Seite und fokussierte seine Konzentration auf die Vorkomnisse, welche ihm der Bildschirm stumm übermittelte.
Schwarzen Raupen gleich wanden sich dicke, giftige Rauchschwaden aus den Öffnungen der Royal Society um sich als zerfranste Schmetterlingswölkchen im Abendhimmel über London zu verlieren. Flammenzungen leckten an dem altem Gebäude und umgarnten es, wie ein liebestoller Hecht die keusche Jungfer. John Malus wölfisches Grinsen starrte, scharf schneidend gleich seiner asiatischen Klinge in den düsteren Raum.
Jetzt mussten nur mehr die Taue gekappt werden, welche zu ihm führen, könnten.
Mit diesem Gedanken griff er nach seiner silbrig funkelnden Waffe und hieb einen scharfen, silbernen Schnitt durch die Luft seines Lofts.
„Da hinten am Ende des Korridors ist eine Stahltüre, dahinter werden die alten Schriftstücke verwahrt“, keuchte Emily. Die kleine Gruppe hetze den Korridor im zweiten Kellergeschoss entlang.
„Verdammt, ein Zahlenschloss!“, fluchte Julius, der fast gegen die schwere Türe gedonnert wäre, als die Türklinke das Schloss nicht freigab. „Was machen wir jetzt?“
„Ich schätze, jetzt wird sich Misses Palmer ein weiteres Mal beweisen können“, Bell grinste sie an. Flink tippte sie eine Zahlenkombination auf dem Tastenfeld neben der Türe. Marcus bemerkte, dass sie keine Ringe trug, als er ihre schlanken Finger bei der Arbeit beobachtete.
„Et voilà!“ Mit einem leisen Summen sprang das Schloss auf gab den Weg in einen ordentlichen und wohltemperierten Archivraum frei. Und nun Beeilung meine Herren, die Aufzeichnungen, die Sie suchen stehen dort drüben im Regal.“ Sie lief um den Tisch, der in der Mitte des Raumes stand, auf das Regal an der gegenüberliegenden Seite zu. Professor Bell und Julius folgten ihr.
„Wow!“, entfuhr es Julius, der einen flüchtigen Blick auf einige Folianten geworfen hatte, die auf dem Tisch lagen. „Wenn der Rest des Bestandes hier nur annähernd so interessant ist wie diese Exemplare hier, dann sind das wahre Schätze die hier lagern. Sehn sie nur Professor, eine Abhandlung über die Gravitation von Robert Hooke und hier…“
„Dafür haben wir bedauerlicher Weise keine Zeit Julius. Wenn die da oben das Feuer nicht in den Griff bekommen, sollten wir eigentlich schon längst wieder auf dem Weg nach draußen sein. Emily haben sie die Unterlagen gefunden?“
„Natürlich“, sie zog ihre rechte Augenbraue etwas hoch und blickte ihn herausfordernd an, „hier in diesen drei Bänden sind sie.“
„Sehr gut!“, freute sich Bell, „Jetzt müssen wir nur noch einen Ausgang finden. Das Hauptportal dürfte nicht mehr zu passieren sein.“
„So weit ich mich erinnere, gibt es hier unten einen Notausgang“, sagte Emilia, “Allerdings ist er nicht auf den Fluchtplänen verzeichnet. Er befindet sich auf der anderen Seite des Kellergeschosses.“
„Na dann los!“, Bell stürmte in Richtung Türe, Emilia und Julius folgten ihm.
„Wollen wir hoffen, das ihr Notausgang noch in Betrieb ist, sonst würde ich die Idee mit der Royal Society im Nachhinein als nicht so gut bewerten.“ Jetzt bemerkten auch der Professor und Emilia die Rauchschwaden, die durch das Treppenhaus in den Keller zogen. Sie liefen am Treppenaufgang vorbei auf die andere Seite des Korridors. Dort standen aber nur ein paar Aktenschränke zwischen zwei Holztüren.
„Wo ist der Notausgang?“, Bell hatte die erste der Türen bereits geöffnet. Dahinter befand sich nur eine Abstellkammer. Julius war zur zweiten Türe gesprungen. Auch sie führte nur in eine Sackgasse. „Mist! Emilia, erinnern Sie sich, wo der Ausgang war?“ Die Luft wurde merklich dicker und schwerer zu atmen.
Dort war er, der Notausgang von dem Emily gesprochen hatte. Es war eine Stahltür, die schon viele Jahre nicht mehr bewegt worden war.
Bell griff nach dem verstaubten Griff, der die Tür zu öffnen schien und drückte ihn nach unten. Ohne Widerstand lies er sich bewegen und gab die Türe frei. "Zum Glück ist sie nicht verschlossen worden." Vorsichtig schob er die Türe auf. Dahinter kam ein dunkler Raum zum Vorschein.
"Die Notbeleutung scheinen sie aber außer Betrieb genommen zu haben", bemerkte Julius.
"Hier, damit kommen wir weiter." Emily hielt triumphierend eine brennende Taschenlampe in die Höhe, die sie aus der Abstellkammern geholt hatte. Bell nahm die Lampe und leuchtete in den Raum. Außer ein paar Spinnweben, die von der Decke hingen, befanden sich dort noch einige Regale, in denen verstaubtes Material gelagert wurde.
„Wenn das hier ein Fluchtweg ist, sollten die Gegenstände in den Regalen Notausrüstung sein.“ Julius sprang zu den Regalen und versuchte etwas zu erkennen. „Professor, leuchten Sie hier rüber, ich glaube, das können wir brauchen.“
Mit einem geringen Aufwand an Verhüllung hatte sich Mikael unbemerkt aus dem Bürgerkriegs ähnlichem Szenario davongestohlen. Den schmutzigen Ledermantel hatte er in einer Mülltonne deponiert und begab sich schnellen Schrittes zur nächsten U-Bahnstation in Islington. Dort angelangt trat ein Mann wortlos und mit kaltem Blick an ihn heran und übergab ihm, vorbeigehend einen Umschlag in welchem sich ein kleiner Schlüssel und die Adresse eines Hotels in der Nähe von Soho befanden.
Mikael stieg aus der dampfenden Dusche nur mit einem hellblauen Handtuch bekleidet. Zufrieden lächelte er in sich hinein den Blick auf den randvoll mit Geldscheinen gefüllten Aktenkoffer gerichtet. Es war immer wieder eine lukrative Freude mit skrupellosen Schweinen wie es Malus war zusammen zu arbeiten. Ein kaum hörbares Klopfen riss ihn aus den Gedanken . Eintrainierte Reflexe ließen ihn sofort vorschnellen und seine Dessert Eagle aus dem Lederhalfter am Tisch ziehen. Seine Sinne wurden sofort von unzähligen Kampszenarien überflutet. Den Lauf des kalten Stahls gegen die hölzerne Tür pressend rief er mit fester Stimme nach draußen. >> Wer ist da?<< Eine Sekunde war nichts zu hören und Mikael kämpfte mit dem Wunsch das ganze Magazin wahllos zu entleeren.
>> Eine kleine Aufmerksamkeit von Mr. Malus.<< flüsterte eine erotisch, sanfte Stimme gleich eines schlagenden Schmetterlingsflügels in der Sommersonne, durch die Türe. Ein Bild von saftig, roten Lippen formte sich in Mikaels Hirnwindungen und sein Nervensystem bog in eine Seitenstraße der Aggression. Eine nicht so letale Art des Kampfes. Erwartungsvoll drückte er die Messingklinke nach unten und starb.
Fünfzehn Kugeln aus einer schallgedämpften Maschinenpistole bissen blutige Krater in den nackten Oberkörper des ehemaligen Mossadschnüfflers und zertrümmerten seine Knochen und Organe.
Elfenbeinweiße Füße in hochhackigen roten Schuhe stiegen über den ausblutenden Leichnam hinweg und eine lange, zarte Hand mit perfekt gepflegten Fingernägeln griff nach dem Geldkoffer.
„Was für eine Scheiße geht denn da draußen ab?“ Steve sah die Nachrichten auf dem Liveticker in seinem Büro. „Die Wahnsinnigen zünden London an. Ich würde ja meinen Arsch drauf verwetten, dass da irgendjemand den Mob aufgestachelt hat und zu seinem Vorteil einsetzt.“ Steve hatte schon immer in allem eine Verschwörung vermutet. Das war auch der Grund, warum er sich zu einer Karriere beim britischen Innlandsgeheimdienst MI5 entschlossen hatte.
„Hey Steve, hast du das gesehen, die stecken die Stadt in Brand“, rief sein Kollege aus dem Büro, das seinem auf dem Flur gegenüber lag.
„Ja, Paul, ich sehe es gerade.“ Er nahm einen Schluck aus seiner überdimensionalen Kaffeetasse. „Wenn ich Frau und Kinder Zuhause hätte, würde ich langsam anfange mir Sorgen zu machen.“
„Tja, da haben wir doch ein besseres Los gezogen. Wir müssen uns nur um die Sicherheit des Britischen Volkes kümmern", er lachte laut auf. "Was glaubst du denn wer da seine Finger im Spiel haben könnte?"
„Endlich frische…“, Emily wollte ihre Lunge gerade mit Luft füllen als sie stark husten musste. „Um Himmels Willen! Hier draußen ist es ja fast genauso schlimm wie drinnen.“ Dichte Rauchschwaden zogen über ihre Köpfe hinweg. Die kleine Gruppe kam nach ihrer Flucht durch einen Tunnel, der seit Jahrzehnten stillgelegt sein musste, oberhalb einer Freitreppe wieder ans Tageslicht. Emily drehte sich um: „Wir sind an der Duke of York Säule.“
„Das ganze Gebäude der Royal Society steht in Flammen.“ Julius deutete in Richtung aus der die Rauchschwaden kamen. „Da waren wir wohl keine Minute zu früh zur Stelle. Hoffentlich werden die Dokumente das wert gewesen sein.“
„Los jetzt, wir müssen hier weg!“ Professor Bell entdeckte die Menschenansammlung vor dem brennenden Gebäude. „Wenn sich der aufgebrachte Mob dort drüben auf die Suche nach einem neuen Ziel macht, möchte ich ihm ungern im Weg stehen.“
„Wo sollen wir denn hin, Professor?“, wollte Julius wissen.
„Wir gehen zurück zum Imperial und sehen uns dort die Unterlagen genauer an. Die nächste Underground Station ist nördlich, Greenpark. Die Tube wird hoffentlich noch fahren.“
Steve stieg ein wenig zu hastig in die Bremsen. Er war so fasziniert von dem bürgerkriegsähnlichen Szenario, dass er beinahe die drei verstaubten gestalten übersehen, hätte. Die Drei, genauer definiert waren ein älterer Herr, welcher krampfhaft eine Ledertasche umklammerte gefolgt von einem schlaksigen jungen Mann und einer durchaus attraktiven Lady in den besten Jahren.
Ein ungeschultes Auge hätte an dem Trio nichts sonderbares zu entdecken gewusst, aber Steves Riecher für das verdeckte erschnüffelte sofort das etwas an ihnen nicht ganz echt war.
Er stellte sein Autoradio, aus dem Gary Glitter zuvor noch geträllert, hatte, leiser und kurbelte, die Scheibe seines Fensters nach unten.
>> He sie da!<< rief er ohne Umschweife zu dem Trio hinüber.
Wie ein Mann erschraken sie alle bei dem Ton seiner Stimme und erstarrten zu einer blassen Skulptur, welche ein antiker Bildhauer nicht abstrakter hätte gestalten können. Steve konnte die aufschwellenden Emotionen fast schon auf der Zunge schmecken. Der innere Kampf in ihnen, das gehetzte Abwiegen der Möglichkeiten. Die Züge der Frau strahlten den Wunsch nach Flucht aus, während der ältere Kerl seine Finger noch verbissener in die Tasche krallte und das feurige Odor des Kämpfers aus ihm loderte.
Vom Dritten ging eine Art der makaberen Erleichterung aus. Nach Luft ringend stütze er sich mit den Armen auf den Oberschenkel ab und wischte sich die schwitzende Wange an der Schulter ab. Er war ohne Zweifel, völlig außer Puste.
>> Was wollen sie?<< brach der Alte knurrend, wie ein tollwütiger Wolf die Stille.
>> Meine Name ist Mark Bowden, ich bin Constable der örtlichen Polizeiwache und sie sehen mir aus als könnten sie eine Mitfahrgelegenheit gebrauchen.<< log Steve gekonnt und ohne mit der Wimper zu Zucken. Er würde seine wahre Indentität bis auf weiteres im Dunklen lassen, wusste er doch nicht mit wem er es zu tun, hatte.
Mark Bowden war sein Alter Ego für die Arbeit auf der Straße und es war ihm mehr als einmal zugute gekommen verdeckt zu arbeiten.
>> Das erkennen sie verdammt richtig.<< erhob sich der Jüngere der Männer und wollte auf den Wagen zugehen , wurde aber von seiner weiblichen Begleiterin, welche Steve unter, die adrette Sekretärin in seinem inneren Bericht abgelegt, hatte, am Ärmel zurückgerissen. >> Haben sie einen gültigen Ausweis ?<< rief sie dem vermeintlichen Polizeibeamten zu. Sie gab sich furchtlos, doch ein leichtes Zittern in ihrer Stimme war nicht zu überhören. >> Natürlich.<< Steve nickte kaum merklich und holte einen gefälschten Ausweis aus dem Inneren seiner Lederjacke. Der Alte ging zögerlich auf ihn zu beäugte den Ausweis aus sicherer Entfernung und nickte erleichtert ausatmend. >> Sieht sauber aus.<< gab er leise von sich. >> Aber sieht mir nicht nach einem typischen Polizeiwagen aus.<< fügte er mit einem seichten Lächeln hinzu und musterte den, vom Rost zerfressenen Peugeot 506. Steve erwiderte das Lächeln. >> Antworten und Fragen können wir später austauschen, sagen wir an einem ruhigeren Ort?<< Wie um seine Worte zu unterstreichen heulte das Brechen einer berstenden Fensterscheibe durch die Straße. Ohne weiter Zeit zu verlieren zwängten sich alle Drei auf die Rückbank des Wagens und Steve alias Mark stieg ins Pedal.
