Sonntagabend in Freddys Wohnung.
Im Wohnzimmer lag Freddy auf seinem Sofa und genoss seine psychedelische Musik. Rauch stieg aus seinen Lippen hervor und schien sich mit der Musik zu verformen. Fasziniert sah Freddy ihm zu. Kreise, Sterne, Punkte, Striche...fast wie die bunten Bilder seiner Freundin Gina, die zu diesem Zeitpunkt auf dem Teppich lag und ebenfalls rauchte. Neben ihr auf dem Boden lagen wie immer ihre Papiere und die Wasserfarben, falls sie spontan inspiriert war.
Das Knacken der Schallplatte liess Freddy schliesslich aufschrecken und er stand widerstrebend auf, um eine neue Schallplatte einzulegen. Er lief zu seinem Regal und betrachtete seine gesammelten Platten...
Seine Sammlung bestand aus einer Auswahl der angesagtesten Platten der Zeit, die Freddy vergötterte. Neben Alben von Grateful Dead und Pink Floyd waren auch Jimi Hendrix und Janis Joplin vertreten. Insgesamt musste die Sammlung, die unzähligen Singles nicht einberechnet, über 50 LPs umfassen.
Vorsichtig nahm Freddy die 'The Grateful Dead' Platte, der eben noch von der Nadel des Schallplattenspielers Melodien einer weit entfernt zu scheinenden Zeit entlockt wurden, vom Plattenteller und lies sie sachte in die passende Hülle gleiten, bevor er sie wieder in ihre vorgesehene Lücke im Plattenschrank schob.
Sein Blick überflog die vielen bunten Rücken der Cover und blieb nach kurzer Zeit an einer bestimmten Platte hängen, 'Dark Side of the Moon' von Pink Floyd sollte es sein. Rasch zog er das Album aus dem Schrank, lies die Platte aus dem Cover gleiten und legte sie auf. Es knisterte kurz, als der Tonarm auf der Platte aufsetzte, doch dann waren die ihm so vertrauten Töne zu hören.
Erwartungsvoll drehte er sich um und richtete seinen Blick auf Gina...
Gina lag auf dem Rücken und betrachtete die Decke. Neben ihr stand das Rotweinglas, an dem sie nippte. Als die ersten Töne von Pink Floyds "Time" erklangen, verzogen sich ihre Mundwinkel zu einem Lächeln. Freddy hatte wirklich Geschmack, was Musik anging. Ihr rechter Fuß wippte zur Musik, und sie schaute die Bilder an, die sie Freddy gemalt hatte. Die Substanzen, die sie rauchte, der Rotwein und die Musik, dies alles führte dazu, dass sich ihre Wahrnehmung veränderte, die Farben auf den Bildern, fingen an sich von den Blättern an der Wand zu lösen und durch den Raum zu tanzen. So lebendig, so psychedelisch...Gina wusste, dass sie es niemals schaffen würde, diese lebendigen Farben und Muster auf einem Blatt Papier zu bändigen. Vor ihrem inneren Auge tanzten die Farben zur Musik, die rauchige Luft und das gelegentliche Knistern schafften eine romantische und doch verträumte Atmosphäre. Gina sah wieder zur Decke, wo nun auch bunte Punkte zu toben schienen.
" Das ist eine meiner Lieblingsplatten", hörte sie Freddy sagen, " Die Lieder gehen übergangslos ineinander über. Es gibt keine Grenze zwischen den Liedern, keinen Anfang und kein Ende."
Gina nickte und griff nach ihrem Rotweinglas, nahm einen Schluck, setzte sich auf und zog noch einmal an ihrem Joint. Als sie die ausatmete, schien es ihr, alt tanze roter Nebel vor ihren Augen.
" Lass uns tanzen, Freddy.", flüsterte sie, " Lass uns tanzen."
Obwohl er das Tanzen weder mochte noch es besonders gut beherrschte, zögerte Freddy nicht lange durch den Raum zu gehen, um Gina seine beiden Hände zum Aufstehen anzubieten, denn er konnte seiner Freundin noch nie wirklich gut eine Bitte ausschlagen, vor allem nicht, wenn sie so bezaubernd lächelte. Gina ergriff Freddys Hände und lies sich von ihm langsam hochziehen. Kaum auf den Beinen, schmiegte sie sich sanft an Freddys Oberkörper und umschlang ihn mit ihren Armen, mit strahlenden Augen blickte sie hinauf. Freddy, der einen guten Kopf größer als Gina war, küsste sie, erst auf die Stirn, dann auf den Mund und platzierte seine Hände an ihrer Hüfte. Langsam fingen sie an, sich im Rhythmus der Musik zu bewegen, noch immer lag der Geruch von Marijuana in der Luft.
"Ich liebe dich, Freddy", flüsterte Gina, während sie leicht auf der Unterlippe beißend in Freddys Augen schaute, 'Ich liebe dich für all das, was du mir gibst, für das Gefühl, das ich habe, wenn ich mit dir zusammen bin, dafür, dass du anders bist", sie zögerte für einen Moment, "so anders wie ich."
" Und ich liebe dich.", erwiderte Freddy lächelnd, " Ich liebe das Gefühl, das du mir gibst, wenn wir einfach nur zusammen sind und Musik hören. Mit dir bin ich Ichselbst. Du bist wie...", er suchte nach Worten, "...die weibliche Version von mir. So gut habe ich mich seit dem Tod meiner Eltern nicht mehr gefühlt."
Für einen Moment sahen sie sich tief in die Augen und trotz ihrer benebelten Verstände wussten sie, dass dies ein inniger und ehrlicher Moment war. Während sie sich so ansahen, begann langsam und sachte im Hintergrund "The Great Gig In The Sky". Ihre Bewegungen wurden langsamer.
Gina legte eine Hand auf Freddys Wange: " Ich werde immer für dich da sein, ich lasse nicht zu, dass die Trauer dich ein zweites Mal frisst."
Die letzten Sonnenstrahlen des Abends verabschiedeten sich von ihnen und ein letztes Mal erleuchtete das Wohnzimmer rot/orange. Durch ihre Wahrnehmung erschien es vielleicht noch röter, als es war, doch es war ein schöner Anblick.
Freddys linke Wange glühte Orange, während die Rechte im Schatten lag, als er mit funkelnden Augen und dunklen Pupillen antwortete: " Solange du bei mir bist, fürchte ich Nichts. Keine Trauer, keinen Schmerz."
Dann küssten sie sich. Sachte. Zur Musik.
So ging die Sonne unter, und der Tag endete, und die beiden merkten nicht einmal, wie das Rotweinglas während ihres Tanzes umfiel, und Ginas weiße Blätter besudelte. Viele rote Muster, Wellen und Linien.
Produkt der Liebe.
Der Morgen danach - Montag
Der neue Tag war längst angebrochen, als Freddy und Gina aus ihrem von Drogen beeinflussten Schlaf erwachten. Es war schon kurz nach 13 Uhr, der Wecker musste versagt haben.
Bewaffnet mit seiner Gitarre auf dem Rücken und einem kleinen Weidenkorb in Ginas Hand, verließen die beiden das Haus. Auf dem Weg zum Stadtpark machten sie halt beim Bäcker um die Ecke, um ein Dutzend belegte Brötchen zu kaufen, denn in ihrer Freundesgruppe galt eine eiserne Regel: Wer zu spät kommt sorgt für's Essen. Und da die beiden bereits über eine Stunde zu spät waren, würden sie ganz gewiss die letzten sein.
Der Stadtpark erstrahlte an diesem Tag in seiner vollen Pracht, die Punks, die sich um den in der Mitte des Parks befindlichen Springbrunnen geschart hatten, waren bereits heiter und angetrunken, die Skater rollten auf ihren abgenutzten Skateboards die provisorische Half-Pipe hoch und runter und von der anderen Seite des Parks schallend konnte man ein wildes Basketballspiel in Begleitung der neusten Hip Hop Tracks hören.
Auch Freddy und Gina hatten mittlerweile ihren Stammplatz auf der kleinen Rasenfläche am Rand des Parks erreicht und begrüßten freudig ihre Freunde mit einem Korb voll Brötchen.
Ben war der erste der aufsprang um die beiden zu empfangen und ihnen die Brötchen abzunehmen, er schien sie erwartet zu haben. Nach einer kurzen Umarmung der Dame und dem obligatorischen Handschlag mit seinem Kumpel stellte er die Brötchen inmitten der Gruppe von Jugendlichen ab. Jetzt, aus der Nähe betrachtet, sah Freddys bester Freund und Musikkollege müde aus, auch die kurzen braunen Haare schienen durcheinander, er hatte wohl die Nacht nicht zum Schlafen genutzt. "Na, mal wieder verpennt? Wenn ich so viel geschlafen hätte wie ihr, würd' ich bestimmt auch so glücklich aussehen", sagte Ben mit einem Lachen in der Stimme.
Sie setzten sich zu ihren Freunden auf den Boden und Freddy griff sofort nach seiner Gitarre.
" Endlich übertönt mal Jemand die Hopper.", sagte Linda Lee und ihre vollen Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. Sie stand als einzige der Gruppe noch auf den Beinen und lehnte an einem kleinen, dürren Baumstamm. Sie grinste zu ihnen herab. Sie war ein Stück kleiner als Gina, aber dafür ein großes Stück frecher.
Linda rebellierte gegen alles und jeden. Gegen ihre Eltern mit ihrem provokativen Style, den zerfetzten Hosen und den durchlöcherten Ohren, gegen traditionelle Frauenbilder, mit ihren sehr kurzen aschblonden, immer zerzausten Strubelhaaren, die fast männlich wirkten. Ja, schon fast gegen die eigene Gruppe rebellierte sie. Anders als Freddy beispielsweise besaß sie einen Ipod, auf dem sie Musik hören konnte. Jederzeit.
"Nichts geht über den Sound einer guten Platte" pflegte Freddy zu sagen, ließ Linda jedoch gewähren.
Nach ihrem Kleidungsstil zu schätzen, wirkten die meisten von ihnen wie Hippies. Auch Lindas Kleidung war nicht viel anders. Sie trug gern weite Röcke, Sandalen und runde bunte Sonnenbrillen, wie Stirnbänder oder Haarbänder.
Linda jedoch trug auch gerne bauchfrei und entblößte so ihren schlanken, durchtrainierten Bauch. Sie war sehr sportlich. Ihre rechte Leiste zierte das Tattoo einer Friedenstaube, die zwischen ihren Krallen ein Herz trug.
Dieses Tattoo symbolisierte ihr Lebensmotto: Peace & (Free)Love. Was letzteres anging, das lebte Linda auch voll aus. Jedes männliche Gruppenmitglied, bis auf Freddy, hatte schon mal etwas mit ihr gehabt. "Ich teile eben gerne.", pflegte sie grinsend zu sagen, wenn man sie auf ihre Lebensweise ansprach. Von festen Beziehungen, wie Freddy und Gina eine führten, hielt Linda nichts und deshalb sah sie auch nicht ein, wieso sie solche respektieren sollte. Auch nicht Freddys und Ginas.
Ihre mit unzähligen bunten Ringen durchlöcherten Ohren machten fast schon Joschua Konkurenz. Joschua war der Punk unter ihnen, der "Verlorene", wie sie ihn manchmal zum Scherz nannten, weil er mit Ihnen und nicht mit den anderen Punks, mit denen er jedoch kein schlechtes Verhältnis hatte, abhing. Ihn störte nur ein wenig die Einstellung der anderen, ständig um Kleingeld betteln zu müssen. Auf so ein Niveau wollte er sich dann doch nicht herablassen. Vielleicht unterschied ihn das von den anderen Punks. Von ihrer alternativen Freundesgruppe unterschied ihn vieles. Während der Großteil der Gruppe Drogen, Zigaretten und Joints bevorzugte, war Joschuas erste Wahl immer der Alkohol. Hin- und wieder mal ein Joint. Deshalb hatte Joschua auch als einziger von ihnen mit einem Bierbauch zu kämpfen. Er trug für sein Leben gerne Nieten, egal ob am Gürtel, auf seiner Jacke, in den Ohren oder seiner Tasche. Ein Nasenpiercing und einige Ohrringe waren zusätzlicher Schmuck. Er trug gern Jeans und schwarze Stiefel. Seine Haaren waren zurzeit grell grün gefärbt, nachdem er sie eine Weile rosa-schwarz-gestreift getragen hatte.
An einem seiner Finger trug er einen Schlagring.
Blitz, sein fauler schwarzer Labrador, döste neben ihm vor sich hin und ließ sich von seinem Herrchen streicheln. Der Labrador war genauso faul wie Joschua, und wie sein Herrchen könnte auch ihm eine kleine Diät nicht schaden.
"Endlich gibt's was zum Futtern", sagte Joshua, während er seine leere Bierflasche hinter sich auf den Rasen warf, "Ich bin am verhungern, ich schwör's euch! Hab seit mindestens zwei Stunden nichts mehr gegessen."
"Jetzt tu mal nicht so, Josch. Eine bisschen weniger Essen und ein bisschen mehr Sport würde dir sicherlich auch mal ganz gut tun, versuch's doch mal mit Yoga..", Rosalie überlegte kurz, sie musste sich ein Kichern unterdrücken, "Wenn ich es mir recht überlege, wäre das sogar sicherlich unterhaltsam.. Für uns jedenfalls." Rosalie saß mit gestreckten Beinen und den Händen hinter sich auf dem Boden, die Beine übereinander geschlagen. Im Wind wehte der weite, lange Rock um ihre Knöchel und ihre welligen, blonden Haare streiften über den Rasen. Sie richtete kurz das bunte Haarband, das beim Versuch Joshua eine Grimasse zu schneiden verrutscht war, und sagte mit einem leicht zynischen Unterton, "Wie oft habe ich dir eigentlich schon gesagt, dass du die Umwelt nicht mit deinen leeren Flaschen und dem restlichen Müll, den du so produzierst, verschmutzen sollst. Die arme Natur.."
Rosalie war mittlerweile in eine Art Monolog verfallen, wie sie es des öfteren tat, und philosophierte für sich über die Folgen der Umweltverschmutzung.
"Mensch Rose, nicht mal die kleinen Freuden des Lebens gönnst du einem", zischte Joshua, doch Rosalie reagierte nicht mehr darauf, sie war mittlerweile in ihren Gedanken irgendwo ganz weit weg. "Dann gib mal her die Stullen", sagte er zu den beiden Ankömmlingen und griff nach dem Korb mit den Brötchen, nahm sich eins heraus und stellte den Korb auf Noas Bauch, der direkt neben ihm mit dem Rücken auf dem Boden lag. Joshuas bester Freund zuckte zusammen, er hatte wohl nicht erwartet als Ablage benutzt zu werden, und setzte sich mit dem Korb auf dem Schoß auf. "Ohja, sehr gut. Essen", er grinste. "Im Gegensatz zu dir kann ich es mir wenigstens erlauben", bemerkte er fröhlich und stupste Joshua mit dem Ellbogen in die Seite, um den scherzhaften Charakter seiner Aussage zu verdeutlichen. In der Tat sah Noa aus, als könne er das Essen gut gebrauchen, so dürr wie er war.
Erst jetzt fiel Freddy zu seinem Erstaunen auf, dass die Gruppe gar nicht komplett war. "Wo ist Kurt?"
" Kurt? Oh, der ist mal eben rübergegangen und hat den Müll weggeworfen, über den sich Rose ja so beschwert hat.", erwiderte Joschua.
" Schlimm ist es mit ihm.", brummte Rosalie, " Nie wirft er den Müll weg."
" Warum auch?", konterte Joschua ruhig, " Rose hat so lange herum genörgelt, dass Kurt schließlich losgelaufen ist. Dabei hat er zwar den Mülleimer erreicht, ist aber an der Blondine da drüben hängen geblieben. Ich glaube, er baggert sie gerade an."
Freddy folgte Joschuas Blick und tatsächlich sah er Kurt in einiger Entfernung mit einem Mädchen mit voller blonden Lockenpracht reden.
" Vermutlich ist sie ein Nirvana Fan. Sonst wäre sie doch schon längst schreiend abgehauen.", bemerkte Linda, die sich gerade eine Zigarette anzündete.
"Wieso, du bist doch auch nicht vor Kurt abgehauen?", bemerkte Joschua.
Linda zog an ihrer Zigarette: " Ich bin ja auch an euch gewöhnt, aber die Tuss hat doch keine Ahnung von Musik und unserem Lifestyle."
Bevor sie weiter reden konnten, unterbrach Gina das Gespräch: "Seht doch, er kommt zurück."
Kurt, oder Kevin, wie er in Wirklichkeit hieß, lief langsam und mit breitem Grinsen auf sie zu. Er wusste, dass alle Blicke auf ihn gerichtet waren und genoss die Aufmerksamkeit. Das Mädchen mit den Locken fuhr derweil mit dem Fahrrad davon. Kurt trug ein weites Nirvana Shirt mit den Gesichtern seiner Idole. In der Mitte prangte Kurt Cobain, der Mann, wegen dem aus Kevin "Kurt" wurde. Wie sein Vorbild trug Kurt sein dunkelblondes Haar schulterlang. Seine Jeans war so zerrissen, dass man an seinem linken Hosenbein, das ganze Knie sehen konnte.
Als er die Gruppe erreichte fragte Noa ihn: " Kurt, wer war DAS denn?"
" Ein Mädel, das ich mal auf einem Konzert kennengelernt habe.", erwiderte er grinsend, "Scharf, was?"
"Nicht schlecht.", bemerkte Noa.
" Was ein Zufall, dass du sie genau hier wiedergesehen hast...", philosophierte Rosalie, " Ist das Schicksal?"
" Bei der hast du doch eh keine Chance.", bemerkte Linda, " Die sieht echt verklemmt aus."
" Kannst ihr ja mal was von deinem Free-Love-Spirit einträufeln, vielleicht lässt sie uns ja dann alle mal ran.", witzelte Joschua, der zusah, wie die Gestalt auf dem Fahrrad hinter einem Busch verschwand.
Gina wechselte das Thema: " Hey Leute, ihr esst ja nichts. Wir haben noch fünf Brötchen! Die werden hart, wenn wir sie nicht essen."
" Noa sollte noch eins essen, der ist doch eh so dürr.", grinste Joschua.
" Willst du mich mästen, damit ich so aussehe, wie du?", erwiderte Noa lachend und zog an seinem Joint, " Gebt Blitz doch mal ein Brötchen, schaut euch seine großen Hundeaugen an..."
Nun waren sie endlich komplett: Ben, Kevin, Noa, Joschua, Linda, Rosalie und natürlich Freddy und Gina saßen, zum Teil auf ausgebreiteten Decken, auf dem ihnen so vertrauten Stückchen Stadtpark. Joschua teilte sein mittlerweile drittes Brötchen und gab die eine Hälfte Blitz, die andere verspeiste er selbst genüsslich.
"Schau, die Hopper haben Ausgang", Noa wies die Gruppe mit seinem Blick auf ein paar Jugendliche unweit von ihnen, die gerade auf einem der vielen Schotterwege, die den Park durchzogen, liefen. "Normalerweise sind die Affen doch in ihrem Käfig und spielen Ball", scherze Joschua, "Haben sich schon lange nicht mehr in diesen Teil des Parks verirrt."
Die acht Freunde hatten sich allesamt in Richtung der drei Jugendlichen gedreht und beobachteten ihre Schritte.
"Ey, was glotzt ihr so? Sind euch die Drogen ausgegangen oder was, ihr Hippis.", rief plötzlich einer der drei, er musste bemerkt haben, dass sie beobachtet wurden. Die anderen beiden fingen an zu lachen, als sie verstanden, wen ihr Freund meinte. Wie als hätte sie nur darauf gewartet, sprang Linda auf und setzte an, los zu spurten, "Wen nennst du hier Hippi, du Penner. Guck dich doch mal an, kein Wunder, dass wir euch anglotzen, so scheiße, wie ihr ausseht." Rosalie schien von der Situation überfordert und hielt sich mit der Hand die Augen zu, auch Noa, der direkt neben Linda gesessen hatte, schien vom Schreck erstarrt. Linda war schon fast an ihren Freunden vorbei, als Ben und Freddy, die ihr gegenüber gesessen hatten, wie im Reflex auch aufsprangen und Linda versuchten aufzuhalten.
"Linda, hör auf! Du bringst uns nur in Schwierigkeiten!", zischte ihr Freddy zu, während er sie mit aller Kraft versuchte fest zu halten. "Freddy hat Recht! Der ist es nicht wert.", stimmte Ben zu, der von der anderen Seite versuchte Linda vor Schlimmerem zu bewahren.
"Ey, was willst du? Hast du Probleme oder was?", rief ihr der Jugendliche zu, der sie schon davor dumm angemacht hatte. Provokativ baute er sich auf und forderte Linda mit einem Nicken heraus.
" Hey, man schlägt keine Mädchen.", wandte Joschua ein und stand ebenfalls auf, wenn auch etwas widerwillig.
" Hast du ein Problem? Hast du ein Problem?", keifte Linda, " Fällt dir nichts Besseres ein, oder was?"
" Ach du bist ein Mädchen...", bemerkte einer der Kumpels des agressiven Jungen, " Ey Tarek, das ist ein Mädel."
Es war klar, dass er das sagte um Linda zu verletzen, allerdings machte sich Linda nichts daraus, schließlich wusste sie, dass sie weibliche Kurven besaß und außerdem gefiel sie sich in der Rolle des burschenhaften Mädchen.
Der Junge hatte jetzt die Arme in die Hüften gestemmt, seine weite Jeans, die er sich in die Socken gesteckt hatten, drohte jeden Augenblick herunter zu rutschen. So tief saß sie. Man sah schon seine weiße Boxershorts.
" Ich bin das Mädchen, das du niemals haben wirst.", erwiderte Linda provokativ und griff sich an die Brüste.
Einer der Gegner pfiff, die anderen beiden lachten.
Freddy wurde das ganze zu blöd. " Hört auf mit dem Scheiß, ich hab kein Bock drauf."
" Peace, Love, Harmony.", kommentierte Ben.
" Ihr könnt mich mal mit eurem Harmony-Scheiß!", Tarek spuckte Ben vor die Füße.
Linda lachte.
" Ey, verpisst euch, oder ich polier euch sowas von die Fresse.", als der Typ näher trat, riss Joschua nun endgültig der Geduldsfaden. " Los, Blitz, fass!"
Blitz, hob den Kopf und sah sein Herrchen blinzelnd an.
"Scheiße man, die haben einen Hund!", erst jetzt schien einer der beiden anderen Blitz bemerkt zu haben. "Na und, hast du Schiss oder was?", reagierte Tarek gereizt. "Ja man, ich hab Schiss vor Hunden, die sind das pure Böse!", antwortete der eine, "Ich auch!", der andere. Als ob Blitz verstanden hätte, was die beiden gesagt hatten, machte er einen Satz nach vorne und fletschte seine Zähne. Der so ruhig scheinende Labrador war plötzlich gar nicht mehr faul und gefräßig, viel mehr war er furchteinflößend. Er bellte zweimal laut und fing darauf an zu knurren.
"Nein man, da mach ich nicht mit, der Hund bringt uns um!", sagte der eine wieder und machte einen Schritt nach hinten, bevor er schließlich anfing, weg zu laufen. "Ich bin auch weg! Warte auf mich, Ali..", rief der andere, während er schon versuchte seinen Kumpel einzuholen.
Tarek drehte sich ungläubig um und schrie den beiden hinterher, "Verpisst euch doch! Mit den Hippies komm' ich auch allein klar!", dann drehte er sich wieder zu Freddy und seinen Freunden.
"Ha, sogar deine scheiß Freunde mögen dich nicht!" ,schrie Linda, die mittlerweile auch nicht mehr von Ben und Freddy festgehalten wurde. "Meinst du, mir macht so ein dreckiger Hippie Köter Angst?", entgegnete Tarek, der mittlerweile etwas unsicher klang. "Sollte er besser..", sagte Joschua abgebrüht, "Fass Blitz!"
Tarek machte einen Satz nach hinten, als Blitz sich in Bewegung setzte. "Ihr spinnt doch, ihr Hippies!", beim Umdrehen schrie er ihnen noch eine Drohung zu, dass dieser Vorfall ein Nachspiel haben würde, dann eilte er seinen Freunden hinterher.
"Hasta la vista, Arschloch!", rief Linda mit einem breiten Grinsen auf den Lippen dem Fliehenden hinterher und winkte ihm provokativ zum Abschied.
" Braver Hund, Blitz. Sitz.", sagte Joschua zufrieden, " Seht ihr, was der alte Blitz kann? He? Der ist ein super Hund. Ein echter Held. Woah, hätte ich jetzt gern ein Leckerli oder 'ne Wurst als Belohnung für ihn..."
" Der arme Hund.", sagte Rosalie, " Wie kann man ihn nur für so etwas Schäbiges missbrauchen?" Rosalie griff nach einem letzten Brötchen und hielt es Blitz hin. Blitz lief zu ihr, nahm das Brötchen und ließ sich von ihr streicheln.
" Armer Hund, jetzt wurdest du auch noch als Waffe missbraucht..."
Linda grinste: " Denen haben wir's gezeigt." und zündete sich eine neue Zigarette an.
" Haha. Das war nicht witzig.", sagte Ben.
" Sei keine Spaßbremse."
" Wäre Blitz nicht dabei gewesen, wäre es übel für uns ausgegangen.", sagte Freddy, " Dabei wollten wir doch einfach nur in Ruhe abhängen."
Linda verdrehte die Augen: " Ja, was sollte ich denn machen?"
Ben schüttelte den Kopf: " Ist ja jetzt auch egal, hat Jemand Zeug für mich? Nach dem Schock muss ich erstmal rauchen."
Gina kramte in ihrer Tasche: " Hier ist vielleicht noch was."
" Wenn nicht, ich hab immer was.", meldete sich Noa zu Wort, der schon wieder rauchte. Nach dem Schock schien er wieder zurück in eine ruhige Gleichgültigkeit zu versinken, die ihm die Drogen beschafften. Er lächelte zufrieden, während Gina und Ben Ginas Tasche durchsuchten.
" Boah, ich hätt' echt Bock auf 'n Bier.", brummte Joschua.
Freddy griff nach seiner Gitarre, um die Stimmung wieder ein bisschen zu lockern. Linda setzte sich zu ihm und schmiegte sich an ihn: " Danke, dass du mir helfen wolltest, Freddy. Echt süß."
" Das war echt dumm von dir Linda, die Typen sind gefährlich."
" Warst du etwa eifersüchtig?"
" Hä?" Von was redete Linda da eigentlich?
" Naja...", Linda kicherte, "...als ich mir da eben an die Brüste gegriffen habe und die Typen gepfiffen haben, da meintest du, sie sollten aufhören mit dem Scheiß..."
Freddy sah sie ungläubig an. Linda hatte ja auch nur das Eine im Kopf.
" Ich meinte, dass ihr alle damit aufhören sollt, das war total überflüssig. Ich suche keinen Ärger. Ich suche Frieden, mit mir selbst, der Natur, der Musik...", begann Freddy, doch Linda unterbrach ihn und legte ihm eine Hand aufs Knie: " Ich würde mich ja gerne mal richtig bei dir bedanken...für alles, du bist wirklich toll...hast du heute Abend schon was vor?"
Gina, die bis eben noch in ihrer Tasche rumgewühlt hatte, blickte zu Freddy rüber und sah, wie Linda an ihn gekuschelt war, mit der Hand auf seinem Knie. "Sag mal spinnst du?", fing Gina an, "Erst bringst du uns in solche Schwierigkeiten und dann baggerst du meinen Freund an? Auch wenn du nichts davon verstehst, wir sind in einer Beziehung!" Gina packte Lindas Hand und zog sie von Freddys Knie, "Lass die Finger von ihm!"
Freddy, dem noch gar nicht richtig klar war, was gerade geschehen war, schaute verdutzt erst Gina an, dann Linda, schließlich wieder Gina. Sie sah wütend aus. Überstürzt schob er Linda von sich und stand auf, "Ich.. Ich..", er wusste nicht, was er sagen sollte, "Es ging von ihr aus, ehrlich!"
Gina griff nach Freddys Arm und zerrte ihn mit sich, "Komm, wir gehen. Die Stimmung gefällt mir gerade gar nicht!"
"Bleibt doch, ihr seit doch gerade erst gekommen!", sagt Ben besorgt. "Bedankt euch bei ihr", Ginas Blick wies auf die immer noch auf dem Boden sitzende und unschuldig schauende Linda.
"Jetzt mach mal keine Szene, ist doch gar nichts passiert!", sagte sie und stand langsam auf. "Pfff..", Gina wusste nicht mehr, was sie sagen sollte. "Aber zum See kommt ihr heut' Abend, oder Freddy?", warf Joschua ein, doch bevor Freddy antworten konnte, unterbrach Gina, "Mal sehen.. Wir sind jetzt erstmal weg!"
Gina, die Freddy immer noch am Arm festhielt, zog ihn an den Hecken und Bäumen vorbei, aus dem Park heraus. "Diese doofe Kuh, immer wieder versucht sie es! Kann sie das denn nicht verstehen? Dass wir beide zusammen gehören?", Gina suchte in Freddys Augen verzweifelt eine Antwort. "Baby..", fing er an, "Es ist doch egal, was sie sagt oder tut. Alles was zählt, sind du und ich. Wir. Zusammen."
"Aber Freddy, ich habe Angst! Wieso tut sie das?", Gina schien bedrückt, fast verzweifelt. "Glaub mir", Freddy hob Ginas gesenkten Blick mit seiner Hand an ihrem Kinn, sodass sie ihm in die Augen schaute, "Sie wird uns nicht auseinander bringen, niemals." Ginas Augen funkelten ihn an. "Ich liebe dich, Gina!", flüsterte er und küsste sie sanft. Gina drückte sich an ihn, "Ich dich auch, Freddy!"
"Aber zum See gehen wir heut' Abend, oder?", fragte Freddy, als sie in ihre Straße einbogen. "Mal sehen..", erwiderte Gina und ließ Freddy für einen Moment zappeln, dann lachte sie, "Ja, natürlich."
Sie liefen einen kurzen Augenblick schweigend nebeneinander her.
" Vielleicht passe ich doch nicht so gut in unsere Gruppe.", dachte Gina laut vor sich hin.
" Wie kommst du darauf?", fragte Freddy irritiert.
" Nun ja, ich weiß nicht...Love, Peace und Harmony ist ja alles schön und gut, aber muss man wirklich so durch die Gegend vögeln, wie Linda?", Gina runzelte die Stirn, " Entweder ich bin verklemmt, oder sie übertreibt und da ja quasi jeder aus unserer Gruppe, sogar Ben, etwas mit ihr hatte...bin ich wohl eher verklemmt."
" Du vergisst wen.", bemerkte Freddy.
" Ja, ich weiß dich...", begann Gina, doch Freddy unterbrach sie erneut: " Rose. Sie sieht zwar von uns am Meisten so aus, wie der Hippie, aber von Free Love hält sie gar Nichts."
Sie schwiegen wieder eine Weile.
" Was will sie denn ständig von dir?", fragte Gina plötzlich.
Freddy zuckte mit den Achseln: " Keine Ahnung...ich bin der einzige Junge aus unserer Truppe, den sie noch nicht hatte. Damals als wir Linda kennenlernten, waren wir beide noch nicht zusammen, aber da hat sie bei Kurt angefangen...als sie dann Noa im Visier hatte, waren wir schon längst zusammen." erinnerte sich Freddy.
Sie schwiegen wieder und Freddy bemerkte, dass irgendetwas nicht stimmte.
" Alles okay?"
Statt zu antworten stellte Gina eine Gegenfrage: " Wieso hast du nichts getan? Wieso hast du es einfach zugelassen?"
Für einen Moment war Freddy überrumpelt: " Stellst du mich etwa gerade in Frage? Oder meine Liebe zu dir?"
Gina fuhr sich durch das volle Haar: " Nein, ich verstehe nur nicht, wieso du nie etwas sagst. Immer muss ich dich wegziehen oder...", sie fuchtelte mit den Händen in der Luft herum, "...ich stehe immer als die Spaßverderberin da, oder die 'extrem eifersüchtige Freundin' und deine Teilnahmslosigkeit macht es auch nicht gerade viel besser." Gina griff nach einem Zigarettenpäckchen in ihrer Tasche und zündete sich eine Zigarette an. Freddy schwieg. Apprupt wechselte sie das Thema: " Ich habe nur noch normale Zigaretten, wird Zeit, dass Noa den Dealer aufsucht."
" Denkst du wirklich so?", fragte Freddy, der den Themawechsel ignorierte.
Gina sah ihn eine Weile lang an. Sah in seine Augen, die sie erwartungsvoll ansahen, groß, liebevoll, ehrlich. Rauch stieg aus ihren Nasenlöchern. Sie lächelte kurz, gab Freddy einen kurzen Kuss auf die Lippen und flüsterte: " Ich will dich nicht verlieren."
Für eine Weile standen sie sich so gegenüber, dann liefen sie weiter. Hand in Hand.
" Nimmst du deine Gitarre mit an den See?", fragte Gina beiläufig.
" Klaro, was denkst du denn?", Freddy grinste, " Aber vorher sollten wir uns unbedingt noch mal 'ne Platte anhören, meine Ohren verlangen nach ordentlicher Musik."
Gina nickte. Sie befürchtete, dass Linda sie sicherlich jetzt als die eifersüchtige Freundin Freddys darstellen würde...machte sie sich zu viel Stress? Sie schwor sich fest, Linda bei ihrem nächsten Anmachversuch bei Freddy nicht in die Quere zu kommen. Mal sehen, wie Freddy sich dann verhielt, wenn er selbst mit Linda fertig werden musste.
" Welche Platte hören wir uns denn jetzt an, Liebling? "
Der Waldsee - Montagabend
Einige Stunden später, nachdem sie in Freddys Wohnung erst ein paar Platten gehört und dann später auf dem Sofa liegend sich ein wenig entspannt hatten, waren Gina und Freddy schon wieder unterwegs. Diesmal war ihr Ziel der Waldsee, der etwas außerhalb der Stadt gelegen war. Es war bereits kurz vor 18 Uhr und die Sonne verfärbte schon langsam die Wolken rötlich.
"Ich liebe Sonnenuntergänge, weißt du?", begann Gina, während sie bei Freddy eingehakt eine der äußeren Straßen der Stadt überquerte, "Ich hoffe wir schaffen es noch rechtzeitig zum See, dort sieht der Sonnenuntergang immer besonders schön aus." "Ja, ich weiß was du meinst. Wir sind ja auch gleich da", antwortete Freddy. In der Tat waren sie nicht mehr weit vom See entfernt, nur noch den kurzen Weg durch den Wald mussten sie hinter sich bringen. "Ben ist sicherlich schon da, der kommt immer zu früh, und Rosalie auch", dachte Gina laut nach, "Oder was meinst du?"
"Ja, bestimmt..", Freddy überlegte kurz, dann verzog er das Gesicht, "Ich hoffe, dass Linda aus heute Mittag gelernt hat. Ich habe heute Abend echt keine Lust auf Streitereien."
"Ach du..", fing Gina an, doch dann stockte sie, "Ich weiß auch nicht so genau, was das vorhin sollte. Aber davon lassen wir uns heute Abend nicht die Laune verderben, hab ich recht?", Gina stupste Freddy liebevoll an und nahm dann seine Hand, "Komm, wir müssen uns beeilen!"
Kurze Zeit später hatten sie endlich den richtigen Strandabschnitt und somit ihre Freunde gefunden. Ben und Rosalie saßen bereits auf einer ausgebreiteten Decke im Sand, Noa hatte sich daneben auf einem liegendem Baumstamm niedergelassen. Im Licht der untergehenden Sonne glitzerte der See bernsteinfarben.
"Hey ihr beiden, seid ja doch noch gekommen", begrüßte Ben freundlich seine beiden Freunde.
" Na klar.", sagte Freddy und ließ sich auf den Boden neben Ben plumpsen: " Ob du es glaubst oder nicht, ich habe sogar 'ne Badehose drunter, falls wir spontan ins Wasser wollen."
" Mitternachtsschwimmen?", fragte Rosalie, " Ja, das ist sicher schön."
Da es Montagabend war, waren kaum Leute am See. Vereinzelte Pärchen saßen am See und knutschten, von ihnen waren jedoch nicht mehr als Schatten zu erkennen. Von irgendwo erklang ein Lachen. Wahrscheinlich hielten sich auch die Punks hier auf. Die waren oft abends am See.
" Wozu brauchste 'ne Badehose? Kannst doch nackt schwimmen gehen.", neckte ihn Noa, der gerade dabei war eine Bong aufzubauen, " War vorhin bei Ted, hab Neues besorgt, wer was will weiß Bescheid."
Noa war ihre Hauptverbindung zu ihrem Drogendealer Ted und er war schlau genug gewesen, ihn als "Oma Ulrike" in seinem Handy einzuspeichern. Die Gruppe sammelte immer etwas Geld, welches sie Noa anvertrauten, der dann damit die Drogen bei Ted kaufte. Noa konnte am besten mit Finanzen umgehen. Einmal hatte Joschua das für Noa übernehmen müssen, als Noa im Krankenhaus war und Joschua hatte die Hälfte davon für teuren Alkohol ausgegeben. Nicht, aus bösen Absichten, sondern weil er seinen Freunden (aus seiner Sicht) etwas Gutes tun wollte.
" Wo sind denn die anderen?", fragte Rosalie.
" Wissen wir auch nicht.", antwortete Gina schulterzuckend, " Ich dachte, ihr würdet es wissen."
Für eine Weile saßen sie schweigend am See. Mit guten Freunden konnte man auch mal Schweigen. Sie genoßen die Sicht und Freddy zündete sich eine Zigarette an, solange Noa noch am Aufbauen war.
" Abends ist die Welt am Schönsten.", sagte Rosalie verträumt, " Sie ist so ruhig, dass man manchmal glauben könnte, sie sei menschenleer."
" Aber auch nur hier draußen.", seufzte Ben, " In der Stadt unmöglich."
" Vielleicht sehen wir nachher ja ein paar Sterne...", schwärmte Gina. Freddy wusste, dass sie Sterne liebte. Früher hatte sie Astronautin werden wollen. Manchmal malte sie Freddy verrückte Bilder voller Sterne und Planeten.
" Ich will 'ne Sternschnuppe sehen.", sagte Noa und eine riesige Wolke Rauch drang aus seinem Mund beim Sprechen.
" Wieso, was willst du dir denn wünschen?", wollte Ben wissen und kaute auf einem Grashalm herum, " Wie lange noch mit der Bong?"
" Die ist fertig und Wünsche verrät man nicht, sonst gehen sie nicht in Erfüllung.", antwortete Noa ruhig.
Sie saßen noch eine Weile so da, als sie lautes Lachen und Kreischen hörten und plötzlich Linda und Joschua bei ihnen auftauchten. Beide hatten eine Bierflasche in der Hand und wirkten sehr heiter.
" Aaaah, Leute, da scheid ihr ja", giggelte Linda und fiel, mehr als das sie sich setzte, neben Rosalie ins Gras.
" Wir haben ein paar Bierchen mitgebracht.", sagte Joschua und zog seinen Rucksack von den Schultern, " Wär doch mal nett am See..."
" Ey pass doch auf, du hättest fast die Bong umgeworfen.", fluchte Noa.
Linda wirkte betrunkener als Joschua, der wohl an die Menge Alkohol gewöhnt war. " Ey, Bong, ja geil- ich will auch."
" Ach du liebe Güte Linda, was hast du denn alles geschluckt?", fragte Gina stirnrunzelnd.
" Giiiina.", Linda fiel ihr um den Hals, sie schien nicht nur zugesoffen, sondern auch zugekifft, nach dem Geruch zu urteilen, " Free Love, isch hab disch und Freddy sooo lieb...wir sollten alle gemeinsam...", anscheinend hatte sie sich verschluckt, denn sie fing an zu husten, dann fiel ihr ein: "Boah, ich hab Hunger. Hat Jemand ein Brot?"
"Sorry, Linda. Kurt bringt heut' Abend das Essen mit", antwortete Noa, der mittlerweile aufgestanden war um Joschua zu begrüßen. "Ach, Mensch.. Dann soll er halt mal langsam..", Linda lies sich nach hinten mit dem Rücken auf die Decke unter ihr fallen und streckte ihre Arme über ihrem Kopf aus, "Sonst penn' ich ja noch vorher ein." Sie gähnte laut auf und fing an zu kichern.
"Da hab ich sie wohl ein bisschen zu sehr abgefüllt", scherzte Joschua, dem der Alkohol gar nichts auszumachen schien. "Apropos Kurt, wo bleibt der eigentlich schon wieder? Er wird sich doch nicht verlaufen haben?"
"Ach quatsch, wir sind doch immer hier am gleichen Fleck", erwiderte Gina, "Wahrscheinlich musste er noch schnell das passende Kleingeld zusammenkratzen."
"Leute..", mischte sich Freddy ein, "Seht doch, da ist er!" Er deutete mit seinem Finger in Richtung Wald, aus dem sich gerade eine dunkle Figur zu lösen schien.
"Ich hoffe ihr habt Hunger! Hier kommt Kurts Pizza Express", die dunkle Figur nahm langsam die Gestalt von Kurt an und trug einen großen Pizzakarton vor sich her. "Sorry für die Verspätung, ich konnte mich in der Pizzeria nicht entscheiden..", entschuldigte sich Kurt, während er den Pizzakarton auf einem Baumstumpf abstellte und seine Freunde begrüßte.
Wenig später saßen die acht Freunde verteilt am Strand und verputzten eifrig die Familienpizza, die Kurt mitgebracht hatte. Am anderen Ufer des Sees leuchteten die Baumkronen mittlerweile durch die letzten Sonnenstrahlen und der Himmel hatte einen intensiven Rotton angenommen.
"Was wollt ihr hören?", fragte Freddy in die Runde und nahm seine Gitarre zur Hand. "Ohja, gute Idee", stimmte Noa der Idee zu und zog seine Mundharmonika aus der Tasche, "Singst du für uns, Gina?"
Gina lachte: " Was soll ich denn singen?"
" Kennst du das Lied 'San Francisco' von The Mamas and the Papas", fragte Noa.
" Na klar kenne ich das.", kicherte Gina, " Freddy würde doch niemals zulassen, dass ich so ein Lied nicht kenne, oder?"
Sie alle lachten.
Dann begann Freddy zu spielen. Noa setzte die Mundharmonika an die Lippen. Sie begannen zu spielen.
" If you're going to San Francisco...", sang Gina fröhlich vor sich hin.
Joschua schnappte sich sein Feuerzeug und schwenkte es im Takt der Musik über seinem Kopf.
Es war ein schöner Abend und während sie so da saßen, ging langsam aber sicher die Sonne unter.
Freddy stimmte ein Lied an, das sie alle kannten und so sangen sie gemeinsam zur Musik.
Joschua überraschte sie alle damit, dass er ein paar Kerzen aus seinem Rucksack zauberte, alte, schon zu oft benutzte Teelichter, doch sie leuchteten. Leuchteten zusammen mit den Sternen und dem Mond am Himmel, die sich auf dem Wasser und in den Augen der Jugendlichen spiegelten. Leuchteten zusammen mit den qualmenden roten Punkten ihrer Zigaretten und Joints.
Und ja, sie leuchteten mit den Herzen der tief bewegten Gruppe. Sogar Linda lag einfach nur da und lauschte dem Gesang.
Mittlerweile war es dunkel geworden.
Sie wussten nicht, wie lange sie der Musik lauschten, bis Freddys Finger glühten, Noas Lippen kribbelten und die Musik verklang. Gina hatte schon lange aufgehört zu singen. Mittlerweile lagen sie allem am Boden und sahen hinauf zu den Sternen. Der Mond leuchtete heute besonders hell. Ein Paar Tage noch und sie hatten Vollmond.
Zirpen von entfernten Grillen war zu hören. Rascheln im Gras. Entferntes Kichern. Ab und zu ein Knacken. Sonst nichts.
Sie lagen schweigend da und sahen den Himmel an. Das viele Marihuana hatte ihre Sinne getrübt und vor ihren Augen bildeten sich verrückte Sternenbilder, die sich mit der Realität vermischten. Mehrfach glaubte Ben eine Sternschnuppe zu sehen, wo andere keine sahen. Noa glaubte sogar zwei Monde zu sehen. Schließlich unterbrach Kurt das Schweigen: " Wisst ihr was, ich finde, wir sollten ein Baumhaus bauen. Das wäre mein Wunsch."
"Ein Baumhaus?", fragte Gina verwundert, "Wie kommst du denn auf die Idee? Und wo willst du überhaupt den passenden Baum her nehmen?"
"Ja, das würde mich auch interessieren", stimmte ihr Freddy zu, an den sie noch immer gelehnt war.
"Ich weiß auch nicht", begann Kurt zu erklären, "Es wäre einfach so schön einen Ort zu haben, an dem wir uns alle ungestört aufhalten könnten."
"Aber das können wir doch auch hier oder im Park", entgegnete Rosalie, die im Schneidersitz an Noa gelehnt saß. Zwar lief nichts zwischen Rosalie und Noa, hauptsächlich aus dem Grund, dass Rosalie zu schüchtern war, um ihre Gefühle Noa gegenüber zu äußern, und Noa sich stets einredete, dass Rosalie sowieso nichts von ihm wollen würde, doch suchte Rosalie stets Noas Nähe. So war es auch keine Seltenheit, die beiden recht eng beieinander zu sehen.
"Also ich finde unser Stammplatz im Park reicht auch vollkommen aus", mischte sich Joschua leicht lallend ein, "Und wenn es mal regnet haben wir ja immer noch Noas Keller." Noa stimmte nickend zu, während er genüsslich an seinem Joint zog.
"Trotzdem ist es ein Wunsch von mir", bestand Kurt auf seiner Meinung, worauf ein weiterer Moment des Schweigens folgte. Linda war schon im Licht der letzten Sonnenstrahlen eingeschlafen und lag nun in eine Decke eingewickelt mit ihrem Kopf auf Bens Schoß. Auch Ben fiel es mittlerweile schwer, sein Gähnen zu unterdrücken und seine Augen offen zu halten.
"Wie kommst du eigentlich auf ein Baumhaus?", fragte Freddy, der scheinbar erst jetzt richtig realisierte, was Kurt gesagt hatte.
" Naja, ich weiß nicht...", begann Kurt, " Ich weiß ja, wir haben Noas Keller für die kühlen Nächte und Freddys Wohnung zum Party machen...aber ich hätte doch gerne noch etwas anderes. Etwas, was uns allen gleichermaßen gehört."
" Aber mein Keller ist auch dein Keller, Kurt.", erwiderte Noa.
Kurt lachte: " Natürlich, daran zweifle ich auch nicht. Allerdings bist du der alleinige Schlüsselbesitzer. Ich hätte gerne ein Baumhaus, oder meinetwegen eine Waldhütte oder so...Schlüssellos, immer zugänglich. Mitten in der Natur."
Obwohl Freddy gerade nach oben schaute, glaubte er zu wissen, dass Kurt in diesem Moment die Augen schloss und lächelte.
" Außerdem könnten wir es gestalten und bemalen, wie wir wollen.", fuhr er nach einem Augenblick fort.
" Ausgeraubt können wir auch werden, wenn wir kostbares da lassen.", brummte Joschua, " Ist doch schon öfters mal vorgekommen, wenn sich Jugendliche im Wald verirrt haben, das sie z.B. die Jägersitze gestürmt haben und sich zugesoffen haben."
" Sie werden Nichts interessantes in unserer Hütte finden.", befand Kurt, "Natürlich werden wir keine Kostbarkeiten dort lagern. Auch keine Drogen."
"Lasst uns morgen darüber weiterreden, ich bin müde.", gähnte Noa.
Sie verfielen erneut in Schweigen. Der Abend war kühl und durch ihre Müdigkeit begannen einige von ihnen zu frösteln.
Gina wickelte sich enger in die Decke, die Freddy um sie beide geschlungen hatte. Nur Joschua schien nicht zu frieren und summte eine Melodie in die Stille vor sich hinein. Ob es am Alkohol, oder an seiner zusätzlichen Fettschicht lag, konnte Freddy nicht zu sagen.
Er betrachtete seine Freunde im Licht der Kerzen. Treue Freunde, die bis spät in die Nacht zusammen sitzen.
" Mir ist kalt.", murmelte jetzt auch Rosalie.
" Ich frage mich, ob es hier erlaubt ist, ein kleines Lagerfeuer anzuzünden?", wunderte sich Ben und rieb sich die Augen.
" Denke nicht...", antwortete Kurt, " Man darf ja eh nix am See. Nicht mal Blitz darf ohne Leine herumspielen." Joschua nickte zur Bestätigung.
Mittlerweile fingen sie alle an zu frösteln und Freddy schlug vor, ihr Treffen für offiziell beendet zu erklären. Die vielen Lichter, die anfänglich noch von den anderen Strandabschnitten über den See leuchtete, waren schon längst verblasst.
"Linda? Ich muss dich leider wecken", Ben streifte Linda sanft über den Arm.
Nach kurzer Zeit waren alle Sachen, die sie mitgebracht hatten, zusammengepackt und vom Sand befreit. Noa hatte wohl die größte Last mit dem Einpacken, da er sich zusätzlich zu seinen Sachen auch noch um die Bong kümmern musste.
Gemeinsam wanderten sie noch durch den kurzen Waldabschnitt, Joschua mit einer brennenden Kerze in der Hand vorne weg, am Stadtrand angekommen verabschiedeten sie sich jedoch langsam aber sicher von einander.
"Wir machen uns dann langsam auf den Heimweg", verabschiedete sich Gina und umarmte Rosalie dabei, "Läufst du noch mit uns Ben? Dein Haus liegt ja eh auf dem Weg."
"Klar, ich begleite euch!", antwortete Ben und verabschiedete sich von Noa und Joschua mit einer Umarmung, Kurt gab er kumpelhaft die Hand und klopfte ihm auf die Schulter.
"Ich komm auch mit!", sagte Linda, die sich mittlerweile nach Wärme suchend an Ben geschmiegt und sich an seinen Arm geklammert hatte.
"Ja, du kannst mit zu mir, Kleines", erwiderte Ben.
Bald drauf hatte sich die Gruppe getrennt und Freddy, Gina, Ben und Linda waren zusammen auf dem Weg nach Hause, bevor sich auch Ben und Linda schließlich verabschiedet hatten.
"Ob da heute Nacht noch was zwischen den beiden läuft?", dachte Gina laut vor sich her. "Ich glaube nicht. Aber wer weiß, sie findet ja immer wieder einen Dummen", antwortete Freddy. Verwundert darüber, dass er auf ihre Gedanken geantwortet hatte, schaute sie ihm erst in die Augen, dann küssten sie sich.
Am nächsten Morgen lagen Freddy und Gina im Bett. Sie hatten die Decke von sich geworfen, da sie mit geschlossenen Fenstern geschlafen hatten und ihnen beiden jetzt warm war. Freddy war bereits aufgestanden, hatte das Fenster geöffnet, zwei Kräcker aus der Küche und ein Päckchen Zigaretten aus dem Wohnzimmer geholt. Jetzt lagen sie nebeneinander im Bett und rauchten. Freddy trug nur eine Boxershorts und Gina ein buntes Nachthemd. Freddy hatte den Aschenbecher auf seinem Bauch platziert und hauchte graue Ringe aus Rauch in sein Schlafzimmer. Er hatte ein großes Doppelbett, für zwei Meter große Menschen, um genau zu sein, und es war perfekt, da sie so beide nebeneinander liegen konnten, ohne Platzangst zu bekommen. Falls mal mehrere Leute bei Freddy schliefen, hatte Freddy zur Not auch immer genug Platz im Bett.
" Ich hab Lust auf 'ne kleine Party.", sagte Freddy.
" Bei dir?", erkundigte sich Gina und rieb sich den Schlaf aus den Augen.
" Ja, wo anders ist die Musik so scheiße.", grinste Freddy. Die Antwort hätte Gina sich denken können.
" Ja, einfach zusammen Musik hören, rauchen und bisschen zusammen sitzen, trinken...", begann Freddy und mit einem Blick auf Gina fügte er hinzu: " Wer will kann auch tanzen."
Sie lächelte.
" Kannst es ja heute später im Park verkünden.", schlug Gina gähnend vor, " Sie sind sicher alle Feuer und Flamme."
Die Gruppe war gerne bei Freddy zu Hause, da sie dort ungestört waren, da Freddy alleine lebte. Wenn Partys bei Freddy organisiert wurden, durfte man auch Jemanden mitbringen oder über Nacht bleiben. Die eine Regel, die immer galt: Jeder bringt Essen mit.
Joschua, der von Kochen und Backen nicht hielt, würde sicherlich wieder Pizza bestellen und sie mitbringen, darauf freute sich Freddy besonders.
Noa würde wahrscheinlich noch einige Leute mitbringen, die er dank der Drogenszene kannte.
" Sollten wir aufräumen?", fragte Freddy und sah sich im Zimmer um. Klamotten lagen auf dem Boden, die sie gestern einfach achtlos auf den Boden geworfen hatten, bevor sie sich endlich in die Decken kuscheln konnten.
Gina schaute sich skeptisch um und analysierte die Lage. "Vielleicht hast du Recht, es sieht schon ganz schön wüst aus hier." neckisch kniff sie Freddy in die Seite und gab ihm dann einen Kuss auf die Wange.
"Gut gut, ich kümmere mich darum", sagte Freddy und knöpfte dabei das Hemd zu, dass er eben vom Boden aufgehoben und sich übergeworfen hatte. "Willst du mir einen Gefallen tun?"
Nur wenig später fand sich Gina auf dem Bürgersteig vor Freddys Haus wieder. Sie wickelte rasch den Mantel um sich und setzte die Kapuze auf, der Wind ließ sie frösteln. Sie dachte kurz über das Wetter und die Tatsache, dass sie hier draußen war. nach und kam dann zu dem Schluss, dass es allemal besser war, als Freddy beim Aufräumen zu helfen. Sie hasste es aufzuräumen.
"Gut", murmelte sie beim Laufen in Gedanken vor sich hin, "Wir brauchen Milch, Wurst, Eier und..", sie blieb abrupt stehen. "Und?", sie überlegte. "Käse? Nein, das war es nicht..", kopfschüttelnd lief sie weiter. "Saft, das war es!", fiel ihr mit einem Lächeln auf den Lippen wieder ein, als sie den Supermarkt betrat.
In der Zwischenzeit hatte Freddy schon längst damit angefangen, die Unordnung in seiner Wohnung zu beseitigen.
Nachdem Gina eingekauft hatte, spazierte sie eiligen Schrittes in den Park, wo ihre Freunde bereits warteten. Alle, bis auf Ben und Linda.
" Hey, heut' Abend Party bei Freddy.'", verkündete Gina. Die anderen freuten sich schon und überlegten, was sie zu essen mitbringen könnten.
" Ihr wisst, wie immer: Bringt mit, wen ihr wollt, und was ihr zu essen wollt.", sagte Gina," Ich muss jetzt wieder zu Freddy, ihm ein bisschen mit der Wohnung helfen. Sagt Ben und Linda bitte Bescheid. Bis später."
Einige Stunden später trafen ihre Freunde auch schon ein.
Ben traf als erster ein und als Freddy ihn fragte, wo er Linda gelassen hatte, zuckte er nur mit den Achseln: " Die ist heut' Mittag nach Hause gegangen. Ich bin dann alleine in den Park, aber Noa hat ihr eine SMS geschickt, also dürfte sie Bescheid wissen."
Es interessierte Freddy ja doch: "Und, ist was gelaufen?"
Ben zuckte wieder mit den Achseln: " Du kennst doch Linda, sie versucht es immer wieder...", er fuhr sich durchs Haar, "...aber sie stank so entsetzlich nach Alkohol, dass ich einfach keinen Bock hatte."
Jetzt musste Freddy grinsen.
" Außerdem...", fuhr Ben fort, "...wird es nach 'ner Weile auch irgendwie langweilig mit Linda."
Ben griff in ein Glas mit Salzstangen, holte zwei heraus und sah sich in der Wohnung um, " Kaum wieder zu erkennen, du hast ja wirklich aufgeräumt."
Freddy grinste: " Oh ja, wurde auch Zeit.", sein Blick fiel auf die Gitarre, " Ben, wann spielen wir das nächste Mal zusammen? Meine Gitarre vermisst dein Schlagzeug."
" Au ja. Stimmt. Komm doch mal wieder vorbei.", antwortete Ben und wollte noch etwas hinzufügen, als Joschua auch schon eintraf. Er kam nicht alleine.
" Leute, das ist meine Cousine Isabelle. Sie ist für einige Wochen zu Besuch und meine Eltern meinten, ich sollte sie mal mitbringen." Joschuas Grinsen und ein Blick auf Isabelle verrieten, dass Joschua amüsiert war. Isabelle wirkte wie eine dieser verklemmten Mädchen, die immer gute Noten hatten, sehr anständig waren und vor allem: Nichts mit Drogen und Schmutz zutun haben wollten. Ob sie wenigstens etwas trank? Sie war sehr schlank und trug ordentliche Kleidung, ein Kontrast zum etwas breiten Joschua mit den zerrissenen und bemalten Jeans.
" Hi.", sagte Isabelle und sah Joschuas Freunde skeptisch an. Ben sah Joschua skeptisch an. Dieser zuckte mit den Schultern und grinste: "Wird sicher ein Spaß."
" Wo ist denn hier die Toilette?", erkundigte sich Isabelle.
Toilette sagt sie. Nicht Klo., registrierte Freddy und grinste: " Nächste Tür, rechts. Wo das Bild mit der Ente klebt."
Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, prusteten Gina, Freddy und Ben los. " DAS ist deine Cousine? Wie ist das denn passiert?"
" Keine Ahnung.", Joschua stellte eine Tüte ab, in der Klimpern bereits verriet, dass sich Flaschen darin befanden, " Aber wir müssen sie mal auflockern. Ich hab gedacht, die ist doch voll Noas Typ."
" Bis auf den leicht angewiderten Blick und die schicken Klamotten vielleicht.", bemerkte Ben, " Aber keine Sorge, wir werden schon unseren Spaß mit ihr haben."
Isabelle schloss die Tür und versicherte sich gleich zweimal, ob sie auch wirklich abgeschlossen war, schließlich konnte man ja nie wissen, auf was für Ideen diese Rüpel dort draußen kommen könnten, dachte sie sich. An der Tür hing ein Plakat mit einem ihr unbekanntem Mann mit nacktem Oberkörper, der sie verführerisch anschaute. "Jetzt werde ich auch noch beobachtet, wenn ich auf der Toilette bin", murmelte sie leicht beschämt.
Kurze zeit später betrat sie wieder das mittlerweile ziemlich gefüllte Wohnzimmer. "Hey Issie, komm mal her", rief Joshua und winkte sie dabei zu sich rüber. "Das hier ist Noa. Sag Hallo zu Noa", er grinste während Noa Isabelle musterte. "Hi", Isabelle schaute etwas kritisch, hob jedoch ihre Hand zur Begrüßung, "Ich bin Isabelle, Joshuas Cousine."
"Hey, wie geht's?", antwortet Noa gelassen und grinste nun auch.
"Warum habt ihr eigentlich einen nackten Mann in der Toilette haengen?" wendete sich Isabelle zu Freddy und schaute ihn fragend an.
Kurz schien er verwirrt, doch dann fing er an zu lachen, auch die anderen konnte sich ein Kichern nicht verkneifen, schließlich hatten sie schon alle das eine oder andere Mal Freddys Toilette besucht und wussten daher, von welchem Plakat die Rede war. "Das ist doch nicht irgendein nackter Mann," er lachte kurz und fuhr fort, "Das ist Jim Morisson!"
Erwartungsvoll und verunsichert schaute Isabell in die Runde, "Jim wer? Muss man den kennen?"