Idea
Als Fred, mein Vater starb, vererbte er mir sein Weihnachtsgripperl und heut war endlich die Gelegenheit, es aufzustellen.
Freudig hab ich alles rauf geschleppt. Einen Tisch, auf dem der Christbaum stehen wird, der Krippe und die Schachteln, die noch dazugehören. Dann hab ich brav angefangen, den Tisch zu putzen und die Krippe draufzustellen.
Im Karton fand ich dann Wackelzäune, die ich um das Häuschen stellte. Ich fand Holzstückchen, die ich unter dem Scheunenfenster stapelte und drei Schafe.
Kamen Schafe in der Weihnachtsgeschichte vor?
Ich konnte mich nicht mehr dran erinnern.
Als Nächstes fand ich Unmengen von Bäumen.
Als ich sie aufstellte, sah man das Haus nicht mehr. So nahm ich die Bäume wieder weg.
Ich fand mehr Schafe und Moos.
Manche fraßen nun vom Moos, andre lagen drauf und andre saßen.
Kam ein Bernhardiner vor im Weihnachtsmärchen?
Das war mir neu.
Nun wacht er neben meiner Krippe.
Wieder Schafe.
Meine Krippe war nun übervölkert mit Schafen, bevor ich Maria fand. Ich kniete sie neben die Krippe und packte weiter aus.
Nach weiteren Schafen tauchte Josef auf und ein Engel, den ich auf dem Vorsprung des Daches dann platzierte. Doch der Engel wollte nicht, wie ich, er fiel.
Kamen gefallene Engel in der weihnachtlichen Geschichte vor?
Nun hatte ich Josef und Maria, die Krippe, unendlich viele Schafe.
Spielten nicht andere Tiere als Schafe und Bernhardiner eine Rolle?
Gab es nicht einen Ochsen und einen Esel?
Ich fand Palmen.
Palmen an einer oberbayerischen Krippe?
Ich kramte weiter, fand künstliches Gras.
Wohin sollte nur das Gras?
Verzweifelt rief ich meine Mutter an und ich stellte die Krippe auf einen größeren Tisch. Natürlich zeigte der Engel auf dem Dach sein Talent vom Fallen und auch Maria und Josef schwankten schauderlich umher. Doch Josef fand halt an einem Pfahl und Maria kniete nun vor dem Futtertrog statt vor der Krippe. Eine interessante Wendung der Geschichte.
Ein größerer Tisch, die Krippe drauf, das Gras davor, damit die Schafe mehr Platz zum Grasen fanden. So stellte ich die Bäume wieder drauf, damit die Schafe Schatten hatten.
Immer noch zu wenig Platz.
So mussten die Bäume wieder weichen, nur einer blieb.
Nun erblickte ein Kamel das Tageslicht.
Was zum Teufel sollte ein Kamel mit Schafen in einer Weihnachtsgrippe?
Langsam schwante es mir, als ich Melchior fand mit seinen zwei Kumpanen. Jedoch waren diese an jeweils einen Arm und einen Fuß aneinander gekettet.
Dass die weisen aus dem Morgenland entflohene Sträflinge waren, das war mir bis zu diesem Zeitpunkt neu. Doch es erklärte sich, als ich kleine Kisten mit Juwelen fand.
Aus Platzgründen fand Melchior auf dem Rücken des Kameles Platz, das jedoch schon voll beladen mit Geschenken war. Oder war es Diebesgut?
Ein wenig schwankten diese Burschen. Ich glaube, sie haben zu viel Weihrauch abgekriegt.
Mir wird auch immer etwas schummrig, wenn er mir in die Nase steigt.
Drogen aus dem Morgenland.
Nun schwanken meine drei Weisen aus diesem fernen Land zum Christkind hin, voll auf einem Myrrhetripp.
Nun taucht ein weiterer Engel in meiner Kiste auf. Er findet neben dem anderen auf dem Dache platz. Nun fallen sie gemeinsam.
Hätte das Christkind schon in der Krippe gelegen, hätten sie es im Fall erschlagen.
Rasch hab ich Josef und Maria mitsamt der Krippe ein Stück unter das Dach hinein gerückt. So konnte keiner von einem Engel getötet werden.
Als ich einen Hirten fand mit einem Nagel in seinem Fuß, hielt ich nur noch Ausschau nach dem Kreuz. Vielleicht hat Fred ja die Geschichte von Ostern gleich in einem Aufwasch mit hineingebracht und man brauchte es das ganze Jahr nun nicht mehr abzubauen? Schließlich war Fred Architekt und hatte viel Fantasie, auch was Einrichtung anbelangt.
Ein Kreuz habe ich dann doch nicht mehr gefunden, dafür endlich das Christkind, das nun geschützt vom Engelsfall in seiner kleinen Krippe schlummert.
Zwei Palmen sind an das Kamel gelehnt und Balthasar verliert in seinem Rausch immer das Kästchen mit den Edelsteinen.
Jedoch zielen sie nicht auf den Eingang zu, sonst könnte man sie nur von hinten sehen.
Die einzige Möglichkeit war, mein Schreibtisch musste herhalten, damit die Figuren sinnvoll platz fanden.
Die Weihnachtskrippe nahm nun so viel Platz in Anspruch, dass sowieso kein Platz mehr für den Christbaum war, der nun noch aufgestellt gehörte.
Doch muss man nicht für das Jesuskind ein paar kleine Opfer bringen?
Weg mit dem Computer, weg mit der ganzen Arbeit! Es ist Weihnachten, da wird doch nicht gearbeitet.
So weicht die ganze liegen gebliebene Arbeit Freds wunderschönen Weihnachtskrippe nun bis nach Heiligdreikönig, bis sie wieder aufgenommen werden kann. Mein Opfer für Weihnacht.
Was soll´s? Es ist der erste Advent? Dann mach ich mir zusammen mit den Heiligen Drei Königen eine schöne lange Weihnachtszeit und schnupper auch ein wenig an dem Weihrauch und der Myrrhe aus dem Morgenland.
Bestimmt stört es mich dann nicht, wenn die Engel auf das Christkind fallen und die Krippe direkt vor meinem Thailändischen Buddha steht. Aber das passt ja zu dem Dschungel aus dem Morgenland, der noch in der Kiste schlummert.
Vielleicht räum ich auch noch das ganze Wohnzimmer aus, dass alles aus der Krippe zum Stehen kommen kann. Andre haben ihre Eisenbahn – ich zur langen Weihnachtszeit mein geerbtes Weihnachtsgripperl samt den Junkies aus dem Morgenland, ihren Weihrauch und die Myrrhe.
Ob das so richtig in Freds Sinne war? Ich fürchte, ich muss die weihnachtliche Geschichte umschreiben, damit sie auch zu meiner Krippe passt.
171 months ago
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