ID 5lzgd5
"Und Einsamkeit", sagte Paul leise. Die darauf folgende betretene Stille sagte mehr als genug. Irgendwie fühlten sie sich in diesem Augenblick alle betroffen.
Thilo, der am nachdenklichsten dreinschaute, nickte dankbar der Bedienung zu, als diese ihm einen frischen Cappuccino hinstellte.
"Mein Dank an den edlen Spender", wendete Thilo sich an Paul, der in einem Anflug von bis dahin nicht gekannter Großzügigkeit eine Runde bestellt hatte.
"Freunde kann man sich nicht kaufen", nörgelte Timo und schlürfte den Schaum vom Rand des Bierglases. Paul zuckte zusammen und starrte Timo böse an.
"Du meinst das jetzt in Bezug auf die Reichen, wenn sie sich einen Pulk an Schmarotzern auf ihre teuren Yachten oder in ihre überdimensionalen Gärten an den Pool laden?" warf Jutta ein.
"Natürlich. Was sonst", antwortete Timo mit einem schälen Blick auf Paul, bevor er Jutta einen dankbaren Blick zuwarf. Er hatte überzogen und sie hatte ihn gerade noch so gerettet. Paul blieb zwar skeptisch, ob er nicht doch gemeint war. sagte aber nichts mehr dazu.
"Also eines ist sicher", meldete sich Thilo, "wenn ich meine Kollegen in der Bank auf der Jagd nach mehr Geld durch die Gänge hetzen sehe, ohne dass sie sich zwischendurch einmal ein Schwätzchen gönnen, dann grenzt das schon oftmals ans lächerliche.
"Zumal sie davon nichts haben. Sind doch nur die Bosse, die sich entsprechend fette Gehälter von ihren Aufsichträten bewilligen lassen", sagte Timo, als wenn er nur deswegen seine Ausbildung bei der Bahn abgebrochen hätte.
"Nö, stimmt so nicht. Frag mal Thilo", verlangte Paul. "Da gibt es extra ein System der Bonus- Zahlungen, um die Leute bei der Stange zu halten."
"Stimmt", sagte Thilo, "die Vorstände bewilligen nicht nur sich selbst, sondern auch ihren Sklaven Sondereinnahmen. Und zwar so, wie es ihnen gefällt."
"Womit wir wieder zum Anfang des Gesprächs zurückgekehrt wären", stellte Daniela fest, sah auf ihre teure Uhr, ein Geschenk, und stand auf. "Und jetzt muss ich los. Hab noch einen Termin."
Niemand von ihnen frotzelte. Keiner wollte heute noch jemandem wehtun. Sie alle wussten, dass sie ansonsten nur noch wenige Freunde hatten, mit denen man dermaßen ungezwungen quatschen konnte.
ID 5lzgd5, 170 months ago
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zum Thema: Solange wir Schmarotzer füttern
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