Als Mark an diesem Abend spät von der Arbeit nach Hause kam, war irgend etwas anders als sonst. Er war müde, doch er wollte noch ein paar Notizen machen. Das Sofa war der einladenste Platz in seiner Wohnung. Die Stehlampe, die er von seiner Großmutter geerbt hatte, verströmte ein warmes Licht. Draußen prasselte der kalte Regen an die Fensterscheiben.
Mark zog die Vorhänge zu. Spießig, dachte er sich beim Anblick des Musters, doch er hatte keinen großen Elan, sich um Wohnungsdesign zu kümmern. Er schnappte sich das Notebook und flezte sich auf das Sofa.
Wieso brauchte diese Kiste heute so lange zum Hochfahren? Herrgott, diese verdammte Sch... Technik! Aber was war das? Auf dem dunklen Display erschien ein schemenhaftes Gesicht.
Mark rieb sich die Augen. Diese blöden verspiegelten Displays. Er wollte sich nicht im Spiegel eines dunklen Notebooks sehen, sondern etwas schreiben.
"Warum nimmst du nicht ausnahmsweise mal einen richtigen Stift?", flüsterte eine geheimnisvolle weibliche Stimme.
Marks Nackenhaare standen zu Berge. Hatte er jetzt Halluzinationen?
Er hörte eine Frau lachen.
"Aber Mark, sei doch nicht so irritiert. Hast du überhaupt Papier im Haus? Oder kannst du nur an so einem komischen Elektrogerät schreiben?"
Die Stimme schien aus dem Notebook zu kommen. Mark wurde hektisch. Was war das? Was sollte er jetzt nur machen?
"Be cooool" gurrte die Stimme (kam sie wirklich aus dem Notebook?), Mark fuhr es eiskalt den Rücken runter. Ferdinand fiel ihm ein, bei dem war es auch so losgegangen. Scheiß Projektarbeit, die macht einen ganz fertig.
Die Stimme *kam* aus dem Notebook - da war Mark jetzt ganz sicher (wirklich?), aber der Bildschirm blieb dunkel.
Burnout, das muss es sein, dachte er. Nie hätte er sich träumen lassen, dass es auch bei ihm mal soweit kommen würde. Von einigen Kollegen wusste er, dass sie ausgebrannt waren. Sie hatten sich vom System verbrauchen und verheizen lassen. Vor ein paar Jahren, als er neu im Geschäft war und sein erstes Projekt übernommen hatte, nahm er sich fest vor nicht in den Strudel zu geraten.
„Und was willst du jetzt tun?“, hörte er wieder die Stimme. Die Stimme, die aus diesem dämlichen Notebook kommen musste. Den ganzen Tag saß er vor so einem Ding und was war das Einzige, das ihm einfiel als er nach einem 10-Stunden-Tag nach Hause kam? Er setzte sich wieder davor, um noch einmal den Plan für morgen zu prüfen und sich dann vielleicht noch ein bisschen mit seinen Freunden im Netz auszutauschen. Waren es überhaupt noch seine Freunde? Nein, es waren mehr Bekannte geworden, seit er soviel arbeitete.
Mark stellte den Laptop zur Seite, stand auf und schlurfte in die Küche, wo eine sterile Neonröhre Licht spendete. Er öffnete den Designer Kühlschrank, der ihn mit drei Dosenbier, einem halben Block ranziger Butter und einem Stück Käse begrüßte. Mark schnappte sich eine Dose und schloss die Türe wieder. Gerade kam ihm sein Leben wie dieser Kühlschrank vor. Nach außen hin solide und schick aber innen leer. Sein Weg zurück zum Sofa führte am Spiegel im Flur vorbei. Als er die Gestalt darin sah, überkam ihn Traurigkeit. Was war nur aus ihm geworden; ein Workaholic mit Schreibtischbuckel, blass und einsam. Bevor ihn der Sog des Systems hinab gerissen hatte, war er ein sportlicher und unternehmungslustiger Mensch gewesen, immer auf Achse. Er hatte seine Freunde getroffen und die Welt bereist.
„Nein! Ich lasse das nicht mit mir machen“, sagte er entschlossen zu seinem Spiegelbild. „Das Leben bietet so viele andere Möglichkeiten, da muss ich nicht in diesen staubigen Büros vertrocknen.“