Aus Aurelius' Sicht:
Aurelius saß auf seinem Platz in der hintersten Reihe im Klassenzimmer. Es war ein ganz gewöhnlicher Schultag und er blinzelte gelangweilt in die Sonne. Normalerweise hätte er niemals freiwillig dort hineingeblickt, doch die dicke Scheibe schützte seine empfindlichen Augen vor dem Sonnenlicht. Seine tiefschwarzen Augen funkelten violett im Sonnenlicht, denn seine Augenfarbe war zwar schwarz, doch enthielt einen violetten Stich, der im Licht deutlich zu sehen war. Früher musste es für Dämonen schwierig gewesen sein, ihre auffällige Augenfarbe zu verbergen, doch heute, im Zeitalter der bunten Kontaktlinsen, fiel es kaum Jemandem auf. Da Aurelius sowieso etwas eigen war, wie seine Klassenkameraden sagten, scherte er sich auch nicht darum, was die anderen von seinen Augen hielten. Sicherlich war es nie jemandem aufgefallen, da Niemand auf ihn achtete. Aurelius war der düstere Außenseiter. Sie nannten ihn den Gothic, doch was er wirklich war, war ein Dämon. Wenn sie wüssten... er grinste. Es gab nicht viele seiner Art und schon gar nicht hier auf dem Albert-Einstein-Gymnasium. Es gab deutlich mehr Vampire und Werwölfe. Dieses widerliche Gesindel, dass sich durch ihre Bisse so schnell weiterentwickelte. Werwölfe konnte Aurelius gar nicht ab. An der Albert-Einstein Schule gab es zu viele davon. Sie waren meist arrogant, da sie die Sportler der Schule waren, die Muskelpackete. Die Vampire hingegen waren die blassen, die meist eher schwächlich wirkten, außer es wurde mal ein muskulöser gebissen. Bekanntlich veränderten sich die Vampire nicht, oder kaum. So waren sie einfach zu erkennen, im Gegensatz zu den Werwölfen, die alterten, wie die Menschen und Dämone. Doch, ein Dämon, wie Aurelius, oder ein Vampir, hatten keine Schwierigkeiten einen Werwolf zu wittern. Ein Mensch nahm davon keine Kenntnis.
Die Schule war von Werwölfen dominiert, da die Vampire es vorzogen alleine durch die Wälder zu ziehen, sich Zirkeln anzuschließen und dem Menschenleben entsagten. Werwölfe hingegen blieben unter Menschen, sie waren Rudeltiere, in beiden Gestalten.
Während die wenigen Vampire in der Schule sich vor ihnen fürchteten, waren sie Aurelius egal. Sie respektierten ihn und ließen ihn in Frieden: Manchmal glaubte er sogar, sie fürchteten ihn.
Wer konnte es ihnen übel nehmen? Niemand wusste etwas über Dämone. Die Werwölfe waren zu sehr mit den Vampiren beschäftigt und die Vampire zu sehr mit den Werwölfen.
An diesem gewöhnlichen Tag jedoch, geschah etwas Unerwartetes. Als Valentin, ein durchschnittlicher Schüler, das Zimmer betrat. Sehr blass und offensichtlich verstört, bemerkte Aurelius sofort, dass er zum Vampir gebissen worden war.
Aurelius beobachtete Valentin weiter: Er wirkte verstört und sah sich panisch im Klassenzimmer um. Anscheinend glaubte er, dass Jemand ihn erkennen musste, oder er roch das Blut um sich herum...wer wusste das schon? Schließlich sah Valentin zu Aurelius herüber und ihre Blicke trafen sich. Anstatt verschämt wegzublicken, wie es vielleicht ein anderer getan hätte, hielt Aurelius Valentins Blick stand und musterte ihn genauer. Er trug ein Medallion um den Hals, wahrscheinlich hatte schon ein Zirkel ein Auge auf ihn geworfen. Valentins Augen, die sonst grün wie Moos waren, begannen langsam sich zu verfärben. Sie wurden langsam dunkler. Schließlich war es Valentin, der Aurelius Blick auswich. Dann sah er sich wieder im Saal um.
So ist es immer bei Ihnen., dachte Aurelius fast ein wenig amüsiert bei sich. Er, der als Dämon geboren worden war, hatte sich nie Sorgen machen müssen zu etwas Neuem verwandelt worden zu sein, während Valentin sich an seinen neuen Vampirkörper erst gewöhnen musste. Genauso wie die Werwölfe.
Aurelius war verwundert, dass ausgerechnet Valentin ein Vampir geworden war. Was ein Zufall. Da Valentin genau vor Aurelius saß, hatte Aurelius oft in langweiligen Unterrichtsstunden seine Zeit damit verbracht, Valentin und sein Verhalten zu beobachten und zu studieren. Valentin langweilte sich am meisten in den Fächern Deutsch und Musik. Wenn ihm langweilig war spielte er Tic-Tac-Toe mit seinem Sitznachbarn Basti. Ab- und zu schaute er verträumt quer den Klassenraum entlang zu Rosa, einem hübschen Mädchen aus der Klasse. Aurelius vermutete ja, dass Valentin eine Auge auf die geworfen hatte, wie man so schön sagte.
Valentin und er hatten nichts miteinander zutun. Valentin ließ ihn in Frieden und er ihn. Vielleicht würde das sich jetzt ändern, da beide von ihnen ein Geheimnis teilten, was der Rest der Klasse nicht wusste...nun ja, erstmal musste Valentin erfahren, dass Aurelius Bescheid wusste.