1969 träumte ich davon. in Woodstock dabei sein zu dürfen. Love and peace waren mein ganzes Begehr. Ein halbes Jahr später ging ich in die Lehre. Wiederum ein halbes Jahr später machte ich in der Jugend-Gewerkschaft mit. Ein halbes Jahr Lehre und Eltern, die sich nur noch stritten hatten mich davon überzeugt, dass love, peace and harmony in einen selbst gehören, Kampf und Widerstand aber unbedingt nach draußen getragen werden müssen.
Heute denke ich anders: Alles gehört zum Leben und damit verbunden. Aber wie das gut gehen kann, habe ich noch nicht herausgefunden.
Nachdenklich hörte Freddy seinem Besucher zu. Sie saßen sich gegenüber am kleinen Esstisch in der Küche. Aus dem Wohnzimmer drang leise Jefferson Airplane's Schallplatte zu ihnen herüber. Auch Freddy hatte oft von Woodstock geträumt, das war eine Gemeinsamkeit. Der Unterschied zwischen ihnen war vielleicht, abgesehen vom Alter, dass Freddy noch immer von Woodstock träumte. Viele sagten ihm, er wäre in einer Zeit stehen geblieben, in der er noch nicht mal geboren war. Das stimmte auch, aber es interessierte Freddy nicht. Wieso sollte es nur Trauer, Hass, Krieg und Wut in der Welt geben, wenn es so wunderbare Dinge, wie Liebe, Harmonie und Glück gab? In Schuldiskussionen hatten viele Freddy an den Kopf werfen wollen, dass er mit geschlossenen Augen durch die Welt ging. Doch Freddy wusste, dass es nicht stimmte. Er sah zu viel Gutes und Schönes in der Welt, um mit geschlossenen Augen durch die Welt zu gehen. Sein Freund Noa ging sicherlich öfters mit geschlossenen Augen und zu vielen Drogen intus durch die Welt, aber selbst er hatte seinen Spaß.
Freddy konnte auch den Schmerz seines Gegenübers nachvollziehen, der an seine Eltern dachte. Zu viel Kummer auf der Welt. Er erinnerte sich noch vage an den Tag, an dem er erfahren hatte, dass seine Eltern bei dem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen waren. Auch er war traurig gewesen. Sehr traurig und vor allem hilflos. Und trotzdem blickte er jeden Tag aufs neue aus dem Fenster und freute sich am Leben. Er wusste, dass viele seiner Freunde das an ihm bewunderten und schätzten. Vor allem seine feste Freundin Gina. Er lächelte, als er an sie dachte. Es gab wahrhaftig zu viel Schönes im Leben um Pessimist zu sein.
Als ihm Nebenzimmer die Musik verstummte stand Freddy auf um die Platte umzudrehen und als er wider kam, suchte er sich eine Tasse aus dem Regal: "Auch einen Kaffee?"
"Lieber einen Tee, wenn's keine Umstände macht", bat Heinz und sah hinüber zu Gina, die soeben aufstand, um Noa mit einer verwaschenen Baumwolldecke zuzudecken.
"Ist schon schräg, dass Noa immer einpennt, bevor das Zeug richtig wirkt.", sagte sie in Freddys Richtung und setzte sich wieder zu Heinz. Freddy stand im offenen Küchenbereich, füllte den Heißwasserbereiter, drückte den Einschaltknopf und kümmerte sich dann um die Kaffeemaschine.
"Woher weißt du, wieweit er im Trip ist?" fragte Heinz erstaunt.
"Das sieht man. Hast du niemals Drogen genommen?" Gina sah zweifelnd in sein Gesicht.
"Mit 12 die erste Zigarette, mit siebzehn Cola Korn. Aber noch nie auch nur eine Haschzigarette."
"Aber Woodstockfan", lachte Freddy und brachte die heißen Getränke. Auf Ginas fragenden Blick hin sagte er: "Thermokanne für Noa ist voll.
"Was hat Noa denn von den Drogen, wenn er davon einschläft?" wollte Heinz nun doch wissen, obwohl er keine Lust auf das Thema Drogen hatte.
"Oh, der schläft nicht wirklich. In seinem Kopf tobt es gerade wie wild."
"Macht mir nicht so den Eindruck."
"Eindrücke, zumal die ersten, können täuschen. "
"Wie bei mir?" Heinz vermutete, dass die Bemerkung eine Anspielung war. "Besser oder schlechter?" fragte er also.
"Den ersten Eindruck, den wir von dir hatten?"
"Ja."
"Anders."
"Anders?"
"Ja weißt du. Sitzt da scheinbar ohne Interesse für deine Umwelt an deinem Tische mit sauberer Jeans und Sakko, als wenn du der Spießer vor dem Herrn wärst und plötzlich legst du dich mit dem Wirt an, weil der einen Punk verjagen will, der um ein paar Euro bettelt. Ich war schon ein wenig irritiert, da ich einfach nicht damit gerechnet hatte, das einer wie du das fertig bringt..."
"Vor allem, dass du dich dann geweigert hast, dem Freak etwas zu geben, hatte was Schräges", meinte Freddy, und schlürfte seinen Kaffee."
"Für jemanden einzustehen, hat nichts mit Mitleid zu tun." Und bevor Gina etwas einwenden konnte: "Es ist nicht so, dass ich Bettlern, Musikern oder sonst wem nicht helfe. Aber die Wahl treffe ich ich selber."
"Weil du ein Spießer bist."
"Weil ich ein Spießer bin."
Splitstories
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Eine kurze Begegnung zwischen unterschiedlichen Menschen
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