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Eine Frau mit rotem Haar
sitzt an der Sportbar
und wippt mit dem Fuß.
Sie heißt vielleicht Bettina;
ins Handy spricht sie heiser „Sag Jürgen ’n Gruß“,
bevor sie sich eine neue Zigarette an der alten anzünden muß.
Bettina drückt die Zigarette aus und steht auf. Sie winkt Thorsten hinter der Theke zu, und Thorsten notiert zwei Gläser Wein, Montepulciano, der günstigste auf der Karte seiner Sportbar „Bei Ballack“. Dann räumt er das Weinglas mit Lippenstiftabdruck ab und träumt Bettina hinterher.

Bettina geht gerne auf Flohmärkte. Auf Flohmärkten kauft sie Bücher, die sie nie liest und Pullover, die viel zu bunt sind. Manchmal muß Bettina Watte, Wolle und Plastikbläschenfolie kaufen. Dafür schlendert sie vormittags durch Supermärkte und Drogeriegeschäfte auf der Suche nach Angeboten. Watte ist bei Aldi am billigsten, Wolle kann man auch beim WAL-Mart kaufen manchmal; bei Karstadt steht die reduzierte Ware in der Ecke, und Bettina versenkt gerne ihren Arm bis zum Ellbogen in der weichen Wolle. Plastikbläschenfolie zu kriegen ist schwierig.
Bettina spannt ihren Regenschirm auf und geht durch die Fußgängerzone nach Haus.

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In der Fußgängerzone steht Dima. Dima kommt aus Russland, Moskau und fürchtet Musicals. Am liebsten trinkt er Ouzo. Tagsüber singt Dima in der Fußgängerzone zur Balalaika nur lalala. Weil die russische Seele hier nur Verschwendung wär, sagt er. Wenn er genug Geld zusammen hat, kauft er sich Ouzo bei Penny. Die Kassiererinnen nennt er Katjuscha. Manchmal geht er am Wochenende in die polnische Disco, um Polen zu verprügeln. Sonntags singt Dima nicht in der Fußgängerzone, sondern häkelt Hauben für Klopapierrollen. Die alte Frau von nebenan schenkt ihm für die Häkelware Backware, aber kein Lächeln.

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Hochhauszuhaus. Bettina nimmt den Fahrstuhl in den dritten Stock rauf. Ihre Schuhe stellt Bettina in die Abstellkammer. Die Nachbarn haben Sex. In der Abstellkammer hängt der Sandsack, an dem ihr Ex täglich geboxt hat, wenn er nicht mehr weiter wusste. In der Küche liegt der Brief vom Arbeitsamt. Bettina hat den Termin vergessen. Aber jetzt ist sie zu müde. Bettina ist immer nur müde. Sie schaltet den Fernseher ein, schenkt sich ein Glas Wein ein und schläft auf dem Sofa ein, halb zwei. Freitag.

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Uwe muß manchmal das Laub im Stadtpark harken. Früher war er mal Platzwart, am liebsten mochte er die Fussballer. Eigentlich mochte er nur die Fussballer, ganz schlimm waren die Leichtathleten. Uwe kennt die Kommentare aller WM-Finale ab 1972 auswendig. Die spricht er vor sich hin, während er harkt. Laub. Leute joggen an ihm vorbei, manche gehen, spazieren und manche haben so Walking-Stöcke dabei und manche Gehwagen. Ein Rowdy fährt mit seinem Mofa durch den Park. Uwe schüttelt den Kopf und murmelt Banause. Dann geht er nach Hause. Durch die Fußgängerzone. Hochhauszuhause.

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Samstag. Bevor die Sportschau beginnt, brät Uwe sich in der Pfanne ’ne Wurst. Gegen den Durst gibt’s das einzig wahre Warsteiner. Mit der leeren Flasche unterhält Uwe sich über Fussballregeln der Vergangenheit und erzählt, dass er die Moderatoren bei ran und ranissimo viel besser fand. Auf seinem Balkon wächst Basilikum. Das beeindruckt die Frauen, hat er irgendwo gelesen. Wenn Uwe sich sentimental fühlt, guckt er sich in der Abstellkammer seine Sammlung an. Uwe sammelt Schienbeinschoner. Und eine Kiste alter Panini-Bilder steht im Regal. Am liebsten mag Uwe Utas Tzatziki. Das erzählt er Uta nicht. Das mit Uta würde eh nichts werden. Uta ist Vegetarierin. Uwe ißt immer nur Fleisch.

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