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Der Dreiklangtheatergong ruft den Bienenschwarm nun aus dem Foyer zu den ernsthaften Geschäften. Sektkelche, Servietten und Lachscanapes bleiben auf den Stehtischlein zurück.
Die Prominenten, Halbprominenten und die Fahrkostenerstattungsschnorrer nehmen ihre Plätze im Saal ein.

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Nach der Begrüssung, unter besonderer Hervorhebung mancher Halb- und Ganzprominenten und summarischer Erwähnung aller Buffetparasiten, folgt traditionsgemäss die Verlesung der Verstorbenen. Ein Antrag auf gleichberechtigte Verlesung aller Neugeborenen wurde im Vorjahr mit dem Argument abgelehnt, dies könne zu ungeahnt langen Generalversammlungen führen.

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Alphabetisch, nach den Nachnamen geordnet, verlas der Vorsitzende die Namen der Verstorbenen. Kaum zu glauben, wie viele Leute in einer Gesellschaft mit weniger als 10.000 Mitgliedern pro Jahr sterben ... oder war dieser Berufszweig schlicht überaltert?
Mit ernsthaft betretenem Gesicht blieb er stehen, versuchte den ein oder anderen halbbekannten Namen unter den Toten zu erhaschen und stellte fest, dass man beim Buchstaben M doch immerhin schon bei der Hälfte des Alphabets angelangt war, auch wenn hier die ganzen Müllers und Meiers und später, beim S, die Schulzes, Schmidts und Schusters die Sache noch beträchtlich in die Länge zu ziehen drohten.

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Dann, zwischen den Meiers und den Müllers, geschah es. Ein Irrtum war unmöglich, so sehr beachteten die 500 Teilnehmer im unterschiedlichsten Grad der Prominenz und der Buffetbedürftigkeit das taktvolle Schweigen, das in solchen Momenten als angebracht gilt. Zwischen den Meiers und den Müllers verlas der Vorsitzende laut und deutlich seinen, seinen völlig unprominenten, niemand anderem im Saal bekannten, seinen Namen. Sein Platz am Buffet würde nachher leer bleiben, war der erste Gedanke, der ihm durch den Kopf schoss.

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