Eines Abends als Theo alleine im Bett lag, es war schon tiefe Nacht, und stockdunkel vor seinem Fenster, erwischte sich Theo dabei, wie er sich wünschte, er könnte zaubern. Wie gerne würde er dem blöden Fred doch eins auswischen, der schon wieder sein Pausenbrot geklaut hatte...oder dem Ladenbesitzer seine Bonbons klauen! Statt 80 Cent kosteten diese jetzt 1,20 Euro! Seine Eltern waren doch sowieso dagegen, dass Theo Süßes aß, aber wenn die Süßigkeiten dann auch noch immer Teurer wurden...Theo schüttelte den Kopf. Dann hatte Mama auch noch das böse Wort erwähnt. "Zahnspange"- sie hatte vorausgesehen, dass Theo in zwei Jahren bestimmt eine Zahnspange bräuchte, da die Lücke zwischen seinen zwei Schneidezähnen einfach zu groß sei. Na toll....
"Zahnspange?"
Theo schreckte auf. Wie sah es denn plötzlich in seinem Zimmer aus?
"Wie Kraut und Rüben", würde seine Oma sagen und dabei die wenig ihr verbliebenen Zähne zu einem Lachen der besonderen Art zeigen.
Bums! Theo rieb sich die Augen. Nun war er endgültig wach.
"Wer bist du denn?" fragte er leise. Jetzt bloß nicht die Eltern heranlocken.
"Hasi."
"Hasi? Was ist das denn für ein Name?" Theo lachte; natürlich leise.
Hasi tat beleidigt. Dann fiel ihr etwas ein und sie sang: "Der Theobald, der Theobald, der ist schon öfters hingeknallt."
Nun war Theo beleidigt: "Du bist blöd", murrte er; wieder leise.
"Stimmt, manchmal bin ich das. Was ist eine Zahnspange?"
"Die klemmt der Zahnarzt auf die Zähne, damit die nicht große Lücken kriegen."
Hasi erstarrte.
"So wie meine?"
Dicht, für Theos Geschmack zu dicht, hielt ihm das Häschen seine zwei riesigen Schneidezähne vors Gesicht.
"Halt mal Abstand. Ja, so ist es besser. Mmh, weiß nicht. sehen in deinem Kopf ganz niedlich aus."
"Deine Zähne sehen auch gut aus", lobte das Häschen. "Du isst bestimmt jeden Tag Möhrchen?"
"Nö, aber ich putze sie jeden Tag?"
"Mit deinen Pfoten?" Skeptisch betrachtete Hasi Theos Finger ohne Krallen.
"Nein, mit meiner Zahnbürste."
"Zahnbürste?"
"Oh man, du weißt aber auch gar nichts", rief Theo und zog das Häschen schnell unter seine Bettdecke, damit die Mama es nicht sah, falls sie ihn gehört hatte und reinschauen würde.
Doch die Mama kam nicht; hatte ihn wohl nicht gehört.
"Puh ist das warm unter der Decke", stöhnte Hasi und atmete tief durch, als sie zurück auf Theos Bauch landete.
"Wie hast du das gemacht?" fragte Theo erstaunt. Er hatte Hasi nicht losgelassen und seine Hände waren immer noch unter der Decke versteckt.
"Och, ich habe mich frei gezaubert."
"Frei gezaubert?" Nun wusste Theo nicht Bescheid.
"Ja klar", antwortete Hasi locker, "das kann doch jeder."
"Ich nicht", flüsterte Theo traurig.
Eine Frage drängelte plötzlich durch seinen Kopf: "Kann man sich auch mit Zauberei Wünsche erfüllen?"
"Aber natürlich", sagte Hasi und schaute Theo verblüfft an. "Wozu sollte man sonst zaubern können?"
"Und wo hast du das gelernt?"
"Hat mir meine Oma beigebracht."
Theo dachte nach. Nur Zögernd fragte er: "Können alle Omas das?"
"Was?" Hasi hatte gerade an ihre Oma gedacht; ganz vergessen, wo sie gerade war.
"Einem Zaubern beibringen."
"Weiß ich nicht so genau. Ich glaube schon", antwortete Hasi, müde von der Quatscherei so spät. "Ich bin müde und will jetzt schlafen", nörgelte sie, schmiegte sich an Theos Gesicht und war sofort eingeschlafen.
"Ich auch", seufzte Theo. "Und morgen besuche ich die Omi."
"Schau mal", sagte die Mama später und zeigte auf den kleinen Stoffhasen neben Theos Kopf, "er hat sein altes Lieblingsstofftier herausgekramt."
Theos Papa sah sich um, ignorierte das Durcheinander in den Regalen und nickte stattdessen zufrieden. Für einen kurzen Moment drückte er ihre Hand: "Vielleicht hat er jetzt das Schlimmste überstanden."
"Das wäre so schön", sagte die Mama. "Komm, wir gehen ins Bett und ich kuschle mich ein wenig an, ja?"