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Terra war ungeduldig. Bald schon sollten sich die großen Tore endlich öffnen und sie würde endlich die Welt "da draußen" kennenlernen, von der sie immer las oder Geschichten hörte. Sie selbst war nie "da draußen" gewesen. Nein. Sie war in der Zufluchtsstädte geboren und aufgewachsen. Seit dreizehn Jahren. Nun würden sie, ihre Eltern und ihre Geschwister endlich die Welt sehen. Auch ihre Eltern waren zu jung, um die Welt "da draußen" noch miterlebt zu haben und selbst wenn, man sagte, sie habe sich wahrscheinlich so sehr verändert, dass Niemand sie wieder erkennen würde, wenn er sie erblicken würde. Deshalb hatte man Angst die Überlebenden mit der Außenwelt zu konfronitieren, aus Angst, ihr Herz könnte vor Schreck versagen. Zu viel Neues. Wer wusste schon, welche Lebewesen sich mittlerweile gebildet hatten? Terra hingegen war neugierig.
Ihr Name, Terra, hatte eine Bedeutung. Früher waren ihre Vorfahren Italiener gewesen (heute war das egal), es gab nur noch eine Sprache hier in der Zufluchtsstadt: Englisch.
"Terra" bedeutet Erde und drücke all die Hoffnung aus, die ihre Eltern hatten, auf eine neue, heile Welt, eine neue Erde, auf der sie, ihre Tochter endlich wieder spielen würde...

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Die Tore würden sich öffnen. Dieser so harmlos klingende Satz hetzte seit einigen Wochen Tag und Nacht durch die Gemüter aller Bewohner der Stahlhütte Nr.85. Die Tore würden sich öffnen. Grübelnd lehnte Hurtado Almaz, seines Zeichens Allmeister der Naturwissenschaften über seinem Mikroskop und untersuchte mit einem Gefühl der frohlockenden Vorfreude, Mikroorganismen, die ihm Anbetracht der Artenvielfalt die er vorzufinden hoffte, schon etwas langweilig vorkamen. Vor einem Jahr , höchstens zwei waren ihm diese toten Bakterien noch wie Gottes höchste Schöpfung vorgekommen aber die exotischen Fantasien, welche in ihm heranwuchsen wie frühlingshafte Dschungelfaune, ließ diese vermeintlichen Wunder erblassen, gleich in der Sonne vergilbendes Pergament. Die Tore würden sich öffnen.
>> Verdammt wie ich mich Freue!<< hieb er die Faust am Tisch und konnte ein Grinsen kaum verbergen.

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Die Tore würden sich öffnen. Das klang so einfach, so verheißungsvoll, der ganze Satz roch nach Anbruch eines neuen Zeitalters. Für Melanie Mc Coy roch der Satz nach viel mehr. Er stank förmlich, süßlich. Nach einem schnellen brutalen Tod. Melanie legte sich gerade die richtigen Worte zurecht um Hurtado mit sanfter Gewalt beizubringen, dass die ersten Schritte in die alte, neue Welt rein militärischer Natur sein würden. Die Sicherheit ging vor, hatte es doch keinen Sinn sich Jahrzehnte unter Tonnen von Erde zu verkriechen um dann beim ersten Schein der Sonne wie eine lästige Mücke von der Keule einer neuen tödlichen Mutter Natur erschlagen zu werden.
>> Mela?<< zupfte es kindlich, wie schwingende Maiglöckchen im Frühlingswind an ihrem Pistolenhalfter. Ihre schönen smaragdgrünen Augen fielen auf das junge Geschöpf welches sie in ihren Gedanken überrumpelt, hatte. >> Hallo, kleine Terra, was liegt dir auf dem Herzen?<< sie ging in die Hocke um auf Augenhöhe mit der Kleinen zu sein.
>> Freust du dich, auf den Tag an dem sich die Tore öffnen.<< kam es zart wie Libellenflügel aus dem kleinen Mund.
So lieblich die Worte auch waren, so hart trafen sie die Exekutivmeisterin.
Sie blickte in die neugierigen Pupillen des Kindes und nickte mit einem schmerzhaften Lächeln auf den Lippen.

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>> Check, Alpha Maiden an Alpha Lynx, hören sie mich ?<< knisterte McCoys sonst so zarte Stimme etwas verzehrt aus dem Stöpsel in Pyro Flinns Ohr. Pyro, eigentlich Phyrus Flinn war der erste Offizier unter der Exekutivmeisterin und führte neben Mc Coy, alias Alpha Maiden die Speerspitze, welche den Exodus aus der Stahlhütte einleiten sollte.
Pyro wollte ihr zunicken, doch zur Überprüfung der Funktauglichkeit antwortete gemäß den militärischen Statuten.>> Check, hier Alpha Lynx , verstehe sie klar und deutlich.<<
Trupp Maiden und Trupp Lynx, insgesamt bestehend aus zehn ausgebildeten Kämpfern des Exekutivaspekts begaben sich vor den tonnenschweren Toren in Stellung.
>> Ok Alpha Lynx, halten sie Position "Linke Adlerschwinge" bis sie neue Anweisungen bekommen.<< orderte Mc Coy und trat noch einen Schritt auf die kolossale Pforte, welche sie von der tödlichen Faune des
Post- Harmageddon-Szenarios trennte, zu. Ein unwohles Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus.
>> Verstanden Alpha Maiden, wir decken ihren Rücken, komme was wolle.<< nahm Pyro seine Befehle entgegen und legte seine Waffe, mit Ziel auf das massive Portal an.
Alle Zehn waren in leichte Exoskelette mit gepanzerten Visieren, welche hochwertigen Schutz mit optimaler Beweglichkeit vereinten gekleidet .
Die Körperpanzer unterschieden sich nur anhand der Gesichtsmasken, die, wie auch der Rest der Rüstung aus Terramit bestanden. Ein Metall aus den dunkelsten Innerein der Erde, welches nach seiner Herkunft benannt wurde. Alle Masken bestanden aus durchgehendem Metall , einzig durch zwei feine Sehschlitze unterbochen.
Die Beatmung lief über ein Schlauchsystem welches in einer hantlichen O2-Flasche am Rücken endete. Im Notfall erlaubte diese es den Kämpfern gute zwanzig Minuten ohne externe Sauerstoffzufuhr auszukommen.
McCoys Maske war schwarz und wurde nur in der Mitte von einem, in beißendem Rot aufgemalten Blutsropfen unterbrochen.
Pyros Gesichtschutz hingegen strahlte förmlich, da er in einem blendenden weiß gehalten war.
>> Hier spricht Ian Stone! Geehrte Mitbürger! Der große Moment...<<
hallte die autoritäre Stimme des Bürgermeisters durch die Vorhalle und erfüllte jede Räumlichkeit in der Stahlhütte. Melanie McCoy beachtete die glorreiche Ansprache kaum, mit allen ihr verfügbaren Mitteln hielt sie die mörderische Konzentration aufrecht, welche sie im harten Training des Turiya erlangt hatte. Ein Zustand totalen Bewusstseins. Geformt um zu Überleben. Egal was sie dort draußen erwarten würde, es würde sie nicht kriegen!
>>... somit öffne ich hiermit die strahlenden Pforten in eine wunderbare und meisterhafte Zukunft! Sind sie bereit Mc Coy?<< dröhnte die Stimme, eines unsichtbaren Ian Stone. Mc Coy biss sich verärgert auf die Unterlippe. Sie konnte es nicht Leiden wenn jemand die Funkdisziplin nicht einhielt.
>> Bereit Sir, Alpha Maiden aus.<< gab sie knapp zurück.
Ein kurzer, ewig erscheinender Moment der Stille trat ein und Mc Coy konnte förmlich spüren wie alle Bewohner der Stahlhütte gleichzeitig die Luft anhielten. Ein kollektives Vakumm entstand, während in der Kommandozentrale eine zitternde Hand einen massiven Hebel umlegte.
Zischend setzte sich eine ausgeklügelte Hydraulik in Gang und ein ächzendes Geräusch ging klagend durch Mark und Bein des Stosstrupps. Nur eine Sekunde keimte, im Inneren der Exekutivmeisterin der blasphemische Wunsch auf, dass die alte Mechanik versagen solle und die Tore für immer geschlossen blieben.
Doch dem war nicht so. Als würde es die Bewegung täglich vollführen und nicht knapp alle hundert Jahre schwenkten die Flügel anmutig nach außen auf.
Eine eisige Windbö hieb in die Vorhalle gleich einer frostigen Axt und feines Pulverweiß stob in einer Flut aus Schnee herein.
Sofort explodierten die Funkstille in ein panisches Rufen nach neuen Befehlen.
>> Tore schließen, Tore schließen!<< brüllte Mc Coy an Stone gerichtet in das Kom. Innerhalb weniger Sekunden standen die Mitglieder der Speerspitze bis zu den Knöcheln im eiskalten Weiß. >> Alpha Lynx an Alpha Maiden , diese verdammten Thermometer da draußen müssen den Geist aufgegeben, haben, hier dürfte es keinen einzige Flocke von dem Mist geben.<< keuchte Pyro , sichtlich beunruhigt.
>> Hier Stone, Alpha Maiden was geht da vor bei euch die Kameras sind ausgefallen, und es wird ein bedrohlicher Temperatursturz...<< krachend brach die Funkverbindung zur Kommandozentrale ab.
>> Alpha Maiden an alle, geregelter Rückzug zur Schleuse, die Operation, wird abgeblasen...<< Melanie wollte noch einen Fluch hinzufügen doch ein schriller, panischer Schrei kreischte durch das gesamte Kom-Netz und ließ sie erschrocken herumfahren. >> Was geht den...<< stammelte Pyro die Augen ungläubig aufgerissen.
Majorlaine alias Beta Maiden zuckte epileptisch als wäre sie in den Stromkreislauf eines Hochspannungsgenerators gekommen. Der Schnee hatte ein gespenstisches Eigenleben entwickelt. Gleiche einem wütenden Schwarm aus Albinoameisen fiel die gerade noch leblose Masse über die Kriegerin her und fraß ihr in blutigen Streifen das Exoskelett vom Körper.
Pyro eröffnete ohne Usmchweife das Feuer. Beißend heiß fraßen sich die Kuglen in die kalte Masse und brannten dunkle Löcher in das makellose Weiß, welches nun wogte wie ein stürmsiches Meer. Immer mehr Mitglieder der Speerspitze fielen unter gellenden Schreien, der Todeangst, dem unbesiegbaren Feind zum Opfer. Melanie sprintete los, Richtung Schleuse. Ein feines Kribbeln in ihren Waden wurde innerhalb von Sekunden zu einem Schmerz, welchen sie nur mit der ätzenden Oxidation einer Säure in Verbindung zu bringen, wusste.
>> Stone schließen sie die Tore...<< der Länge nach stürzte sie in das blendede Meer und mit vor Grauen starrenden Augen sah sie wie sich die Haut ihre Beine langsam abschälte. Schrill pfeifende Querschläge hetzten, gepaart mit dem entsetzten Brüllen der Sterbenden durch die Vorhalle.
Tränen des Schmerzes in den Augen, ergriff die Panik vollends Herrschaft über sie, die Pein ungezügelt aus ihr brüllend.
Schweiß gebadet und mit einem stummen Schrei auf den Lippen fegte Melanie die Bettdecke zur Seite, sprang auf und klopfte hysterisch den vermeintlichen Tod von ihrem feuchten Körper.
Es war stockdunkel. Mit rasendem Puls und dem Atemrhytmus eines Langstreckenläufers dämmerte es ihr langsam.
Der selbe Traum den sie seit Wochen jede Nacht hatte.

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Müdigkeit war alles was den alten Knochen von Hartmann noch innewohnte. DIe steifen Glieder lautlos in die dämmrige Finsternis der Kaffeteria streckend, lauschte er in sich hinein. Mit dem Alter kam nicht nur die Weisheit dachte er trüb vor sich hin und versuchte das Zwicken in den alten Gelenken zu ignorieren. Mit dem Alter kam auch die Schlaflosigkeit.
Es war zum heulen. Tagsüber nickte er unzählige Male ein, nur um in den nächtlichen Stunden ruhelos umherzuwandern. Er saß alleine in der Kaffeteria der Stahlhütte und starrte in die milchige Dunkelheit. Desto länger er seinen Blick auf eine Stelle konzentrierte, desto öfters kam es ihm vor das sich die Schatten der Stühle und Tische zu einem makabaren Eigenleben hinreißen ließen. Schlängelnde, peitschende , verschlingende Formen erhoben sich stumm aus dem Schwarz und tänzelnden munter herum.
>>Josef?<< war die Stimme doch sanft und voller Bedacht in Hinblick auf seine gealterten Sinne ausgesprochen rutschte ihm, dass müde Herz trotz allem in die Hose. Mit der Gewandheit eines alten Mannes der mehr Zeit damit verbracht hatte andere zu leiten als sich selbst voranzubringen fuhr er zu der Stimme aus der Finsternis herum.

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>> Melanie.<< keuchte er erleichtert mit einem trockenen Krächzen .
>> Was treibt dich um diese späte Stunde noch durch die Gänge?<<
Als die Exekutivmeisterin neben ihm Platz nahm viel ihm gleich der verschrockene Ausdruck auf ihren schönen aber harten Gesichtszügen auf.
Ihr Blick traf für einen Sekundenbruchteil den seinen, verlor sich jedoch sogleich in der faltigen, Grabenlandschaft seines greisen Gesichts. Es war totenstill nur das leise Summen der gedimmten Beleuchtung schwebte durch die Dunkelheit gleich einem schlaftrunkenen Insekt.
>> Josef?<< Melanie ließ von der Inspektion der silbernen Bartstoppel, welche sein Kinn schmückten ab und blickte Hartmann tief in die Augen. Dieser versuchte den Blick zu deuten, eine Regung darin zu erkennen, doch in der milchigen Finsternis waren es nur schimmernde Teiche . Reglos und still. Er räusperte sich kurz und fuhr mit der Zunge über seine trockenen Lippen. >> Ja Melanie. Was liegt dir auf dem Herzen, Kind?<< bei der Erwähnung des Leben spendenden Organs senkte sich unweigerlich sein Blick auf ihre Brüste.
Ohne das es die Exekutivmeisterin bemerkt hatte waren die mittleren Knöpfe ihres dünnen Schlafanzuges aus ihren Löchern gerutscht und offenbarten Hartmann einen verstohlen Einblick auf den oberen Teil ihrer rechten Brust. Eine brodelnde Erregung stieg in ihm hoch wie er sie seit langem nicht mehr erfahren hatte und mit einem Kloss im Hals, zwang er sich sie wieder direkt anzusehen.
Entweder war es Melanie egal, immerhin war er ein alter Sack dem die Glut in den Lenden schon seit Jahren versagt blieb oder sie tat einfach so um dem Moment keine peinliche Note zu verleihen.
Als wäre es eine natürlich Reaktion, veränderte sie ihre Sitzposition auf eine Art und Weise die Hartmann jeden weiteren Versuch erneut ihre Brust zu sehen, verwehrte.
>> Hör zu Josef ich brauche deinen Rat.<< flüsterte sie leise, obwohl niemand in der Nähe war der geweckt hätte werden können.
>> Natürlich meine Liebe also was liegt dir auf dem Her.. eh auf der Leber?

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Langsam wie der aufgehende Mond, Josef konnte sich rühmen einer der wenigen zu sein die den Mond jemals gesehen hatten, schälten sich ihre makelosen, blassen Züge aus dem Dunkel. Vorsichtig als wären sie aus Porzellan öffneten sich Melanies Lippen und begannen mit gesenktem aber bestimmten Tonfall ihre innersten Ängste , gleich Scherben aus Obsidian auszuwerfen.
Josef saß da und lauschte. Lauschte jeder Silbe, jeder Verzehrung in ihrer Aussprache. Still saß er da und nahm, der Exekutivmeisterin ab, was sogar für ihre Seele zu schwer zu tragen war.
Als wäre ein letzter sachter Windstoss durch hohes Schilf gezogen verließen die endenten Worte , des wispernden Klageliedes Melanies Mund.
Wieder war es nur das leise Summen des Lichts das die Ruhe unaufhaltsam durchquerte.

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Mit einer achtsamen Umdrehung, welche man seinen stämmigen Unterarmen, nicht einmal im Traum zutrauen würde, verschloss Ingolf bedächtig die Bauchplatte des Dog 85/1.
Er war diesen Morgen schon früher als sonst aufgestanden.
So war es ihm möglich bis zu Beginn der Tagschicht in völliger Ruhe seine Arbeit fortzusetzen. Ingolf liebte die gespenstische Stille der Werkstatt, außerhalb der Dienstzeit. In nicht einmal einer halben Stunde würde die ersten Mechatroniker, Elektroschlosser und Wartungsingenieure eintreffen und die große Werkshalle aus ihrem seligen Schlummer reißen.
Zufrieden überblickte Ingolf nochmals sein Werk packte den mechanischen Vierpföter unter den Beinen, etwa so wie man einen echten Hund hätte aufgehoben und stellte ihn mit der ihm innewohnenden Behutsamkeit auf den Boden.
Mit schwieligen Fingern strich er über ein nicht sichtbares Aktivierungsfeld hinter dem rechten Ohr der Metalldogge und wartete gespannt auf dessen Reaktion.

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