Ich nehme einen Schluck Talisker. der einen vollen Körper hat, goldgelbe Farbe, in der Nase nach brennender Heide, nach süssem Tabak, nach altem Lagerhaus, gelöschtem Feuer, Marzipan, Nougat und Butterkekse, Kräutergewürze......im Mund Rauch, Pfeffer, Räucherfisch, Obstsirup bis sich der Geschmack nach und nach zu einem explosiven Nachklang von Pfefferkörnern aufstemmt.
Yamakazi Single Malt, 12-Jährig. In der Nase blumig- Im Gaumen Honig. Japanische Eiche. Im Nachklang trockene Getreidenoten.
Seine Farbe ist ein leuchtendes Goldgelb. Er riecht leicht würzig. Er riecht nach kristallisiertem Ingwer, ein Hauch von Torf. Oban hat Tiefe. Eine schöne Tiefe. Beim Küssen ist er süss und leicht, geschmeidig, aromatisch und rauchig. Was bleibt ist Trockenheit und eine Ahnung von Meer.
Balvenie Founder’s Reserve: In der Nase Nelkenhonig, Jasmin und Kreuzkümmel. Im Gaumen zart und weich; Honig; Sandelholz und Sultaninen.
Mortlach: Die Farbe poliertes Walnussholz. In der Nase wuchtig und fleischig, Sirup; angesengt und leichter Rauch. Im Gaumen: Leder, Fleisch, Sirup, Buttergebäck, geröstete Nüsse, angekohltes Trockenobst, lackritzartige Süsse...........
Glenmorangie: In der Nase frisch, zitrustönig, Passionsfrucht, etwas Malz, Orangenschale, reife Birne, Hauch Vanille.......sein Körper zart und leicht......im Gaumen blumig, Muskatnuss, Malz, zitruspritzig.....der Nachklang kurz aber erfrischend.
Dalmore: Seine Farbe ist rubinrot, bersteingelb. In der Nase ist er süss; Johannisbeermarmelade; Rum und Rosinen. Im Gaumen ist er mild, aber sehr reif, Basilikum, Trockenobst, Menthol. Nachklang: Malz, ausgewogenen Eiche.
Dalmore am Abend, wenn sie mit einem Buch in dem tiefen Sessel saß; die Füße unter den Po gezogen, vertieft in Handlungen, deren Glaubwürdigkeit ich stets anzweifelte. Es sind Erinnerungen an eine Zeit, als ich noch getrunken habe. Ich weiß nicht so recht, ob es eine schöne oder schlechte Zeit war. Natürlich erinnere ich mich an sie.
Meine Zunge belegt, fordert der Gaumen zu schmecken. Phantasien aus vergangener Zeit, führen niemals zu Genuss. Ich hole mir den Tee aus der Küche, der nun lange genug gezogen hat. Ein Earl Gray. Ich glaube, ich trinke diese Mischung nur, weil der Name soviel verspricht.
Ich werde sie morgen wiedersehen. Nach so vielen Jahren ruft sie mich an und bittet um ein Treffen.
Der Tee ist zu heiß. Verdammt!
Ich erschrecke zutiefst, als ich mich plötzlich vor der Hausbar entdecke.
Aus dem kleinen Spiegel hinter den wenigen Flaschen - für Gäste schön angeordnet - belauert mich ein Augenpaar.
Schnell zurück zum Tee. Mist! Immer noch zu heiß.
Ich traue mich nicht zum Schrank zu sehen. Habe ich das Fach geschlossen? Ich schaue auf. Das imposante Geweih auf der Flasche leuchtet verführerisch auf bernsteingelben Grund.
Dalmore zum Beispiel erinnerte ihn an sie. Oder auch Bier mit Cassis. Aber auch jene Nacht im heissen August, wo sie sich auszogen und ins Wasser sprangen und lachten wie die Kinder. Leidenschaft und Ekzess. Ein einziger Rausch von Erzählen, Leben, Sprechen. In einer Zeit, wo er sich vor einer Wegkreuzung befand, und sie ihren Glauben an eine Besserung verloren hatte oder akzeptiert hatte. Sie hatten kein Morgen. Sie hatten sich. In diesem Moment. Ohne Ansprüche. Und sie öffneten die Flasche. Sie sprachen miteinander bis in den Morgengrauen.
Doch wenn er heute daran zurück denkt, kommt ihm dieser Mann, der er einmal war, wie ein Fremder vor. Diesen Mann gab es einmal.
Wenn er sich also mit ihr trifft, wird er auch sich selber wieder treffen?
Vielleicht. Aber sie wird auch nicht mehr die gleiche sein.
Auf dem Schachbrett des Lebens fällt Staub und der Mamor reisst.
Der Tee ist nun trinkbar. Early Grey.