Rollentausch

Die Zecke sagte: Ich bin Vegetarierin und Philosophin.
Ich warte hier auf eine Wanze, auf eine wunderschöne, liebliche, graziöse, akrobatische WANZE!

Ach Gottchen, eine Stalker-Zecke!!!

"Blödsinn. Ich sagte doch bereits, dass ich eine Philosophin bin. Mein Interesse an der Wanze ist rein wissenschaftlicher Art."
"Aha!" Pluto verstand kein Wort.
"Soll ich dir erklären, warum ich gerade auf diese eine Wanze warte?"
"Von mir aus", seufzte Pluto und legte seinen Kopf auf den Vorderpfoten ab. Das konnte länger dauern.
Zecki sprang begeistert von seiner Nasenspitze, setzte sich auf ihre vier hinteren Beine und erklärte: "Wie du weißt, ernähren wir Zecken uns ausschließlich von Blut. Das platziert uns in der Beliebtheitsskala der uns umgebenden Fauna ziemlich weit unten, wie du dir denken kannst. Ich bin übrigens eine Hundezecke. Rate mal, welche Wesen meine Lieblingswirte sind?" Zecki lachte.
"Mmmh", brummte Pluto, "urkomisch."
"Bei den Wanzen ist das anders", redete Zecki ungerührt weiter. "Da gibt es welche, die Blut saugen und welche, die sich von Blattsaft ernähren."
Wie schön, dachte Pluto und überlegte, was er am liebsten fraß.
"So; pass auf; nun kommt's: Ich lerne also zufällig - wie, erzähle ich dir ein anderes Mal (bitte nicht!) - diese Eichen-Schmuckwanze kennen, die mir im Verlauf einer netten Plauderei von den unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten ihrer Artgenossen erzählt. Ich höre also geduldig zu, so, wie du mir gerade, als mir plötzlich ein Idee kommt."
"Da bin ich nun aber gespannt", frotzelte Pluto, der das Ende kaum noch erwarten konnte. Ich will nach Hause, dachte er gelangweilt. Ich habe Hunger.
"Das kann ich mir vorstellen", flüsterte Zecki und zwang Pluto, trotz seiner langen Schlappohren, näher heranzukommen.
"Ich habe beschlossen, eine neue Art Zecke sein. Eine Blattsaugerin, die von allen geliebt wird. Denn das ist ja, wonach wir alle streben: Geliebt zu werden. Und seither grüble ich darüber nach, wie ich das anstellen muss. Hab ich ja nie gelernt."
"Geliebt zu werden?" fragte Pluto irritiert.
"Nein, am Blatt zu saugen."
Bevor Pluto darauf antworten konnte, fiel ihm etwas auf den Kopf, sodass er erschrocken aufsprang.

Es war bloss eine Eichel, die ihm auf den Kopf gefallen war. Aber er nutzte die Gelegenheit sich zu verziehen und nach Haue zu rennen, um da seine klebrige und nasse Schnauze in den Fressnapf zu tauchen.
Zecki selbst war aber von sich überzeugt.
Ja! Ja, Zecki war fit. Zecki spürte alle sieben Chakras und wusste, dass eine Bifurkation oder ein Quantensprung in der Evolution, immer noch ein Mysterium war. Und diesen Sprung, dieses ENTWEDER-ODER, ganz nach dem philosophischen Antropologen 'Sören Kierkegaard', war Zecki bereit zu wagen.

"Wie geht es dir?" begrüßte die Wanze Zecki, die im Grübeln eingeschlummert war.
"Was?Wie? Oh, hallo Wanze. In mir geht es turbulent zu. Lebenssäfte und zweifelnde Gedanken suchen nach neuen Formulierungen in mir selbst."
"Häh? Ich verstehe kein Wort", maulte die Wanze und sprang auf ein weiter entferntes giftgrünes Birkenblatt. Lass dich nie mit Fremden ein. Hat mir Mama immer wieder gesagt. Höre auf sie, dachte die Wanze.
"Bist immer noch auf den Antibluttripp? Pass bloß auf, dass du dich nicht übernimmst", riet die Wanze und schlürfte genüsslich von dem Blatt.
"Ist nicht mehr so entscheidend für mich. Mein Streben gilt mittlerweile der Verbindung unser allen Ursprungs in uns."
Die Wanze verschluckte sich und viel vom Blatt auf den Rücken; direkt vor die halb so große Zecke. Verängstigt starrte sie auf die ihr plötzlich riesig vorkommenden Kiefernklauen der Zecke.
"Wirst du mich sofort töten oder mir zuerst das wenige Blut aus meinem Körper saugen", fragte die Wanze, sich dem ihr zugedachten Schicksal ergeben.
"Nichts von alledem. Ich sagte doch, dass ich mich bereits weiterentwickelt habe."
"Was willst du dann von mir?" jammerte die Wanze, endgültig davon überzeugt, dass die Zecke verrückt geworden war.
"Ich will mit dir sein. Ich will in dir sein, so wie du in mir sein sollst. Und dabei werden wir beten."

Pluto hatte sich flach auf den Boden gelegt und betrachtete sprachlos das in sich verbohrte Paar.
Sie wollte sich verändern.
Ist ihr auch gelungen.
Sie war ein reizendes Geschöpf, vielleicht auch, weil sie ständig Hundeblut trank, dachte Pluto. Wer weiß schon, welche Verbindungen dabei entstehen?

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Summary

Eine Zecke verändert sich

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H.P.BarkamH.P.BarkamRank 3, mamurlukmamurlukRank 2