Angstzustand

Angstzustand

Wenn es leise wäre, würde man ein leises Wimmern aus dem Schrank hören. Verängstigt hockt das Mädchen im Schrank und schluchzt leise, auch wenn sie versucht jedes Geräusch zu ersticken. Sie durfte keinen Laut von sich geben, dennoch entfährt ihr manchmal ein leiser Schluchzer.
Aber er kann es nicht hören, denn es war nicht leise, alles andere als das. Laut dröhnt die Musik aus den Boxen. Er stellt die Anlage so laut, bis er glaubt, dass sie die Schreie übertönt. Wenn sie nicht immer so kreischen würde, wäre alles viel einfacher.
Das Mädchen hielt sich die Ohren zu. Sie wollte die Schreie ihrer Mutter nicht hören, die sie trotz der lauten Musik deutlich vernahm.
Sie wollte es nicht mehr sehen und konnte dennoch ihren Blick nicht abwenden. Sie konnte es nicht mehr ertragen,
doch sie musste stark sein...
Sie hört wie sie sich anschreien, sieht wie er sie festhält, will den Blick abwenden und bleibt bewegungslos sitzen, sieht immer wieder wie er zuschlägt.
Alles scheint in Zeitlupe abzulaufen, das Mädchen sieht wie ihre Mutter langsam zu Boden sackt.
Der Mann dreht sich um, schaut sich um: ,,Na, wo bist du Kleine? Komm zu Papa.“
Er stürmt ins Nebenzimmer und sucht dort überall nach ihr.
Langsam, viel zu langsam kriecht sie aus dem Schrank, gebückt schlich sie zum Fenster. Sie muss es nur bis zum Fenster schaffen. Dann kann sie aus dem Fenster klettern und auf dem Fenstersims warten bis er weg geht. Er darf sie nur auch niemand von der Straße aus sehen. Wenn er sie nicht bald findet, wird er wütend abdampfen und sich hoffnungslos besaufen. Sie muss dann nur noch schnell genug ins Haus klettern, damit er sie nicht sehen kann, wenn er von unten hochschaut.
Sie schafft es gerade noch rechtzeitig aus dem Fenster, bis er wieder ins Zimmer gestürmt ist und drückt sich schnell gegen die Hauswand neben dem Fenster, damit er sie nicht sehen kann.
Noch mit einer Stimme die Freude verspricht, ruft er nah ihr: ,,Hey, meine Kleine komm zu Papa. Wir wollen spielen“
Sie weiß es besser. Sie will nicht, dass er sie wieder anfasst. Es tut immer wieder weh und nicht nur ihr Körper scheint zu zerbersten, sondern auch ihre Seele scheint zu zerreißen und sie sah sich von oben und wollte nicht mehr.
Er rennt immer noch durchs Zimmer, schaut hinter die Couch, schaut unter die Couch, reißt die Schranktür fast ab, als er ihn aufreißt – und sie ist so glücklich, dass sie nicht mehr dadrin hockt – und er wird immer wütender. Seine Wut steigert sich ins unermessliche.
,,Komm jetzt her. Ich weiß, dass du hier bist.“ Schreit er durch die Wohnung.
Seine Halsschlagader pocht.
Poch poch
nicht mehr lange und er würde wirklich ausrasten, ohne Rücksicht auf Verluste.
Ihre Mama liegt immer noch hilflos, blutend auf dem Boden.
„Wo bist du?“
Und bei seinem Schrei scheint die Hauswand zu vibrieren, beinah verlor sie den Halt, doch sie blieb bewegungslos an der Wand kleben.
Er ist rasend. Reißt Schubladen auf und wirft sie auf den Boden, so als ob er sie darin vermutet, als ob sie sich darin verstecken könnte. Er denkt schon lange nicht mehr. Er wirft alles durcheinander und was er in die Finger bekommt, wirft er durch den Raum.
Irgendwann gibt er auf, reißt wutentbrannt die Wohnungstür auf und läuft nach draußen. Die Tür knallt mit voller Wucht zu. Es wundert, dass die Tür noch in ihren Angeln sitzt.
Schnell klettert sie wieder in die Wohnung. Als sie auf dem Boden ankommt, hört sie schon unten die Haustür zuknallen.
Sie kriecht langsam am Boden entlang, bis sie zu ihrer Mutter kommt. Sie nimmt alles von ihr runter, was in seinem Wutanfall auf ihr gelandet ist.
Sie sieht aus als würde sie schlafen, wenn nicht unaufhörlich Blut in den Teppich sickern würde.
„Mama“
Sie legt sich in ihren Arm und beginnt zu weinen.
Sie bewegt sich nicht mehr und kein Laut ist von ihr zu hören. Die Musik dröhnt im Hintergrund, doch Stille ist im Raum eingekehrt. Mama bleibt bewegungslos.
Sie weiß, es ist längst zu spät.
Irgendwann wird er wieder kommen, betrunken ist er schlimmer.
„Mama?“

Besoffen ging er durch die Straßen und entschuldigte sich bei der Laterne dafür, dass er sie angerempelt hatte. Er wusste schon lange nicht mehr wo oben oder unten war. Die Laterne war für ihn eine einigermaßen attraktive Frau und nachdem er sich dafür entschuldigt hatte sie angerempelt zu haben, wollte er sie auf einen Drink einladen. Als sie nicht antwortete und bewegungslos stehen blieb auch als er sie versuchte mit sich zu ziehen, zog er beleidigt weiter.
Bald würde er zu Hause sein. Wenn er den Weg nicht doppelt gehen würde, da er die ganze Breite der Straße ausnutze, wäre er noch schneller zu Hause.
Dort wartete seine Frau sehnsüchtig auf ihn um sich ihm hinzugeben und auch seine Tochter wäre erfreut wieder mit ihm spielen zu dürfen. Denn diese liebte dieses Spiel, war es doch sogar für diese Kleine ein Genuss sich mit so einem großartigem Mann einzulassen, so einen Glücksgriff würde sie nie wieder machen. Sie sollte sich bei ihm dafür bedanken.
Der Hass in ihr war groß – Sie liebte dieses Spiel - Sie wollte es doch – Sie bettelte darum – mit ihren kindlichen Reizen verführte sie ihn unbewusst.
Vor der Haustür, nach der schweren Findung des richtigen Hauses, wunderte er sich seit wann diese Tür, mehr als ein Schlüsselloch besaß und kämpfte verzweifelt mit der Tür um sie aufzubekommen. Als ein Nachbar das Haus verließ, schlüpfte er hinein. Den Kampf der Tür hatte er verloren.
Oben wartete schon sehnsüchtig das junge Fleisch auf ihn.
Treppen – alles scheint ihm sein Vergnügen nicht zu gönnen.
Sie sollte dafür leiden, denn sie ist schuld, dass die Treppen den Weg verbieten wollen, doch er wird es trotzdem schaffen, als ob er sich von Treppen etwas vorschreiben lassen würde.
Nur noch die letzet Tür, das letzte Hindernis, doch diese gibt schnell auf, weis, das er der stärkere ist und gibt nach. Beide Schlüssellöcher fusionieren zu einem und er kann hindurch. Letztes Hindernis überwunden und der Weg war frei zu ihr.
Für die Anstrengung würde sie zahlen müssen. Warum nahm er sie überhaupt auf sich?
Aber es gab keine Strafe für sie. Er strafte sie damit nicht. Sie mag es härter angefasst zu werden. Sie liebt doch den Schmerz.
Die Frau liegt immer noch auf dem Boden und schläft und das anstatt das Chaos hier aufzuräumen, dass sie verursacht hat.
„Komm Kleines. Papa ist wieder hier. Wir wollen doch noch etwas spielen“
Keine Reaktion.
„Komm schon. Wo bist du?“
Immer noch keine Reaktion.
Wieder lauter werden: „Jetzt komm sofort her.“
Sie versucht unterdessen zur Tür zu fliehen. Die Angst treibt sie davon.
Sie will spielen. Ihm nicht direkt entgegen kommen, damit er noch heißer wird. Sie weiß eben was er mag.
Er hatte sie entdeckt und war schnell bei ihr. Sie war schon an der Tür und hatte diese aufgemacht um weg zu kommen – einfach los stürmen – kein denken, handeln.
Seine Triebe jagen ihn, bestimmen denken und handeln.
Er hält sie fest. Sie kämpft dagegen an, versucht zu treten und schlagen. Er zerrt sie wieder in die Wohnung. Sie beißt ihm in den Arm und er lässt los.
Sie nimmt alles was sie bekommen kann und wirft es ihm in den Weg als sie weglaufen will. Als er sie wieder zu fassen bekommt, nimmt sie die Tischlampe und schlägt auf ihn ein. Als sie ihn feste am Kopf traf, taumelte er stark. Sie schlug wieder und wieder zu. Alles wehren von ihm half nichts gegen ihre Raserei. Als er längst am Boden liegt, lässt sie die Lampe fallen, geht langsam um die Ecke, lässt sich auf den Boden sinken und fängt an zu weinen.
So findet der Nachbar sie vor, als ihn wunderte, dass die Tür die ganze Zeit offen steht und er leises Wimmern aus der Wohnung hörte.

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Summary

Ein kleines Mädchen in den Fängen eines aggressiven Vaters und ihr Wehr.

Properties

demanding 1, exciting 1, touching 1, vicious 1

Authors

sunny-imperfektsunny-imperfekt